Was ist los mit Viva?

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Mal jetzt von der Masse-Klasse-Diskussion abgesehen: Warum schafft man es z.B. Polen und Großbritannien, mal so einfach Musiksender aus dem Ärmel zu schütteln, während es hier in Deutschland über Astra gerade mal Deluxe Music gibt? So unterschiedlich können die Kulturen doch nicht sein, als dass es diese krassen Unterschiede rechtfertigt.

 

Keine Gema?
Zudem ist man in Deutschland ohne Kabelplatz komplett aufgeschmießen..

 

GEMA gibt es weltweit, einfach anderer Name und Organisation.

 

Auch das UK hat seine GEMA, die PRS for Music. Möglich wäre aber, dass sie günstiger ist als ihr deutsches Gegenstück. Die GEMA ist eine der teuersten Verwertungsgesellschaften. Deswegen gab es so lange keine Einigung mit YouTube und deswegen war die GEMA auch einer der schärfsten, wenn nicht der schärfste Kritiker der Idee, bei der Rechtelizenzierung einen europäischen Binnenmarkt zu schaffen (sprich, dass ein deutscher Nutzer für die Nutzung in Deutschland auch z.B. eine Lizenz der britischen GEMA erwerben kann)

Ich glaube nicht, dass das UK ein gutes Beispiel für einen funktionierenden Musiksendermarkt ist. Die Quoten der Sender sind äußerst mickrig.. in der Summe dürften das (relativ gesehen) nicht wesentlich mehr Marktanteile sein als die deutschen Musikprogramme zusammenbekommen.

Und bei den Sendern selbst gab es schon seit Jahren Verkäufe, Schließungen und Konsolidierungen. Ich würde nicht davon ausgehen, dass alle aktuell am Markt sendenden Kanäle und Sendergruppen profitabel sind. Es fand sich bislang nur immer jemand, der das finanziert hat. iM1 hat acht Jahre ohne Gewinn gesendet, Deluxe hat sechs Jahre bis zur Insolvenz durchgehalten und zumindest bis 2016 hatten die auch unter den neuen Betreibern keinen Gewinn gemacht. Bloß weil Sender senden, müssen sie nicht profitabel sein. Sondern es heißt nur, dass es jemand gibt, der an das Geschäftsmodell glaubt (Sky ist hierzulande ja ein Extrembeispiel, das sich wirklich sehr lange durchgemogelt hat mit roten, teils tiefroten Zahlen) oder andere Interesse verfolgt.

Channel AKA und seine Schwestersender kommen zusammen nicht einmal auf 0,1 Prozent. Dass die Sender überleben, dürfte alleine der Tatsache geschult sein, dass da eine Plattenfirma dahintersteht.

Chartshow TV und seine Schwestersender haben inzwischen Sony als Gesellschafter, kommen aber auch nur auf Mini-Marktanteile... und selbst dort werden immer wieder mal Sender geschlossen wie zuletzt Bliss.

Am stärksten laufen noch die Box-Sender und MTV-Sender, aber auch nur wenn man die Hauptkanäle 4Music und MTV dazu zählt. Und da profitieren die von der Quervermarktung. Wenn man ein großes Senderpaket hat, kann man dahingehend natürlich Sonderangebote schnüren.

Allerdings muss man auch sagen, dass die Werbeindustrie im UK etwas offener ist als in Deutschland. In Deutschland ist das knallhartes Zahlengeschäft. Und was da zählt, sind dann die Zahlen zur Ausstrahlung des Werbespots.

Als MTV und VIVA hierzulande angefangen haben, hatten die ihre Quoten nicht messen lassen. Da wurde der Sender über Studien verkauft "80% finden VIVA cool", "MTV-Zuschauer gelten als Trendsetter", "120.000 Personen schauen VIVA mindestens einmal täglich". Diese Studien begünstigten ein musikalisch abwechslungsreiches Programm. Zeigst du Pop-Musik und Indie-Musik, erreichst du über den ganzen Tag verteilt mehr Leute als wenn du den ganzen Tag nur Pop-Musik zeigst.

MTV fing dann aber an, die richtigen Quoten messen zu lassen und das hat das Ende der Vielfalt besiegelt. Da macht dir eine Stunde Indie-Musik halt den Tagesschnitt kaputt, auch wenn es dazu führt, dass 100.000 Leute zusätzlich sagen, sie gucken einmal in der Woche dein Programm. Gerade Charlotte Roche hat das vor dem VIVA-Verkauf angeprangert, dass ihre Sendung gekürzt, verschoben und klein gemacht wurde, weil die VIVA den Tagesschnitt gedrückt hat und der Sender dadurch hinter MTV landete.

Im UK ist es ein Stück weit akzeptierter, wenn da Sender mit "Wir erreichen in der Woche xy Kontakte" kommen.

Und man darf nicht vergessen: Konkurrenz belebt das Geschäft. Die größeren Sendergruppen werden teilweise schon aus Prinzip nicht kleinere, vielleicht auch trotz Paketlösungen gar nicht profitable Sender schließen, um die TV- und Werbemarktanteile nicht der Konkurrenz zu überlassen. Deswegen hatte (wenn auch anderer Bereich) z.B. REWE nie Penny abgestoßen, obwohl der bis vor wenigen Jahren nicht profitabel war. Zum einen wollte man als Nummer 2 im Lebensmittelmarkt einen Discounter aus Imagegründen, zum anderen profitierte REWE durch die Marktanteile und eine bessere Verhandlungsposition.

Wenn im UK die Konkurrenz einen Rock-Sender hat will die Konkurrenz sicher nicht die Sendergruppe sein, die keinen hat. Da wird rein aus Image- und Werbegründen reagiert. Und weil bei so Mini-Quoten natürlich auch ein Verlust von 0,02 Prozent Marktanteil über die Marktführerschaft entscheiden kann.

Auch bei MTV und VIVA wurden die Ableger in erster Linie genutzt um der Konkurrenz zu schaden. Und deshalb hatte im Übrigen auch VIVA schon lange vor der MTV-Übernahme reagiert und unter Gorny MTV-ähnliche Sendungen und Anime ins Programm genommen.. und im Übrigen auch unter Gorny das blau-gelb im Logo abgeschafft.

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Mit dem polnischen Markt kenne ich mich zu wenig aus, würde aber annehmen, dass die Sender dort deutlich günstiger zu betreiben sind (basierend auf der Tatsache, dass selbst Viacom mit VH1 und VIVA/MTV Music zwei lokal programmierte 24h-Musiksender anbietet). Wirklich nennenswerte Marktanteile haben aber auch nur die beiden Kanäle, die über Antenne senden... im Übrigen Schwesterkanäle, die noch drei weitere Schwestern haben.

Und letztlich gilt auch da: Nur weil viele Kanäle senden, heißt es noch nicht, dass sie auch funktionieren. Es kann auch einfach (anders als in Deutschland) Firmen geben, die an das Geschäftsmodell glauben.

Und auch in Polen dürfte gelten: Konkurrenz belebt das Geschäft. 4fun wird immer auf Polo/Eska reagieren, um imagetechnisch nicht hinten herunter zu fallen.

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Die fehlende Konkurrenz ist vielleicht das größte Problem und damit der fehlende Anreiz, sich gegenseitig anzustacheln und mit Sendern zu überschütten.

Ich würde mal die These aufstellen: Hätte VIVA mehr Geld gehabt anstatt 2003 wirklich tief in der Krise zu stecken (was die Viacom-Übernahme erst ermöglichte) und dadurch aus eigener Kraft die Digitalumstellung erreicht, hätten wir vielleicht auch eine größere Sendervielfalt in Deutschland.

Es war ja immer mal wieder angedacht, die Marke VIVA zu diversifizieren und alte Ideen digital neu aufleben zu lassen. Sobald das günstiger möglich gewesen und Geld dagewesen wäre, hätte VIVA das vermutlich genutzt, um sich gegenüber MTV wieder stärker zu positionieren.

Auch in den Niederlanden sieht es ja eher Mau aus und da war MTV ja nach der TMF-Übernahme auch alleine. In Frankreich hingegen war MTV nicht alleine und hat auch nichts größeres übernommen.

 

Es gab vor der Übernahme ja sogar mal Pläne, VIVA ZWEI neu zu starten. Es gab wohl sogar schon eine Einigung mit Kabel Deutschland. Schade, dass daraus nie etwas wurde.

 

Die Quoten der polnischen Musikprogramme sehen folgendermaßen aus:

Code:

                   2015     2016
Polo TV            0,82%    0,77%
Eska TV            0,53%    0,44%
4fun TV            0,14%    0,16%
Disco Polo Music   0,17%    0,15% *
Stars.TV           0,06%    0,07%
4fun Dance         0,03%    0,07%
Kino Polska Muzyka 0,06%    0,06% *
Viva Polska        0,09%    0,06% *
Vox Music TV       0,03%    0,06%
4fun Hits          0,02%    0,05%
Power TV           0,03%    0,05%
TO!TV              0,06%    0,01%

* = verschlüsselt

 

Wäre heute halt einfach unrentabel in den Zeiten von YouTube & Spotify.

 

Wieso ? Deutlich über die Halfte in DE kommen doch ohne Kabel aus und dann kommen noch die Kabelnetze, die direkt von Sat einspeisen, eventuell dazu.

 

Was verstehst Du unter "deutlich über die Hälfte"?

53,9% (2016) Nicht-Kabelzuschauer würde ich jetzt nicht gerade so bezeichnen.

Man könnte dann übrigens auch schreiben, daß "deutlich über die Hälfte" ohne Sat auskommen, da ähnlich viele (53,5%) nicht über Sat schauen.

 

Fast 3 Millionen Haushalte mehr ohne Kabel im Vergleich zu Haushalten mit Kabelanschluss.