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Rot-Grün entschärft Überwachungsklauseln im TK-Gesetz

Dieses Thema im Forum "Computer & Co." wurde erstellt von lagpot, 10. März 2004.

  1. lagpot

    lagpot Gold Member

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    Fachpolitiker der Regierungskoalition haben die heftig umstrittenen Abhör- und Überwachungsparagraphen im Telekommunikationsgesetz (TKG) abgemildert. "Wir haben beim Datenschutz einen fairen Interessensausgleich erzielt", erklärte Hubertus Heil, Sprecher für Telekommunikation der SPD-Bundestagsfraktion, gegenüber heise online. Ursprünglich sollten beispielsweise Anbieter nach Ansicht einiger Bundesländer alle beim Telefonieren, SMS-Versand, E-Mailen oder Surfen anfallenden Daten sechs Monate lang pauschal auf Vorrat speichern. Datenschützer und die Wirtschaft protestierten gegen die Begehrlichkeiten, auch der Bundestag zeigte Bedenken.

    Der Einigung im Koalitionskreis, die am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des Bundestags bestätigt und am Freitag in den abschließenden Lesungen des TKGs offiziell verabschiedet werden soll, waren langwierige Debatten mit dem Bundeswirtschafts- und Bundesinnenministerium vorausgegangen. Das von der Wirtschaft sowie von Datenschützern geforderte Moratorium bei der Neuregelung der TK-Überwachung wurde von der Ministerialbürokratie allerdings abgeschmettert.

    Eine der wichtigsten Änderungen ist, dass die für Abhörmaßnahmen herangezogenen Hilfssheriffs aus der Privatwirtschaft künftig eine Kostenbeteiligung an ihren Aufwendungen erhalten sollen. "Es wird eine 'angemessene' Erstattung vorgesehen", erklärte Heil. Sie beziehe sich auf die Abfragen von Kundendaten, nicht jedoch auf die Installation grundsätzlicher Überwachungsinfrastrukturen. Genaueres soll in einer neuen Verordnung geklärt werden, der dann allerdings die Bundesländer noch zustimmen müssten. Als Vorbild dienten entsprechende Regelungen im österreichischen Telekommunikationsgesetz. Heil erwartet von der von Industrieverbänden lange geforderten finanziellen Deckelung eine klare Korrektivfunktion gegen den "unheilvollen Anwuchs" der Spitzelanforderungen und Überwachungsmaßnahmen.

    Eingegrenzt werden soll auch der Kreis der Firmen, die auf eigene Kosten Lauschboxen vorhalten müssen. Im bisherigen Regierungsentwurf waren davon sämtliche Betreiber von Telekommunikationsanlagen betroffen. Nicht-öffentliche Anbieter, die etwa TK-Dienste in Hotels oder Krankenhäuser abwickeln, bleiben laut Heil künftig ausgenommen von derlei Verpflichtungen zum Lauschangriff auf ihre Kunden. Lediglich Detailänderungen gibt es beim Paragraph 110, der die Einrichtung automatisierter Auskunftsverfahren zur Abfrage von zahlreichen persönlichen Daten beim Erbringen von TK-Diensten verlangt. Hier wird die so genannte "Joker-Abfrage" unvollständiger Daten sowie die Suche mithilfe von Ähnlichkeitsfunktionen beschränkt: Verlangen die Sicherheitsbehörden mehr als 20 Datensätze, muss lediglich die Anzahl der Verbindungen, nicht aber deren Inhalt bereitgestellt werden.

    Abgelehnt hat die Koalition überdies, im Rahmen der TKG-Novelle eine Identifikationspflicht für den Erwerb von Mobiltelefonen mit Prepaid-Karten durchzudrücken. Das Erfassen der persönlichen Daten mache aus dem Blickwinkel der öffentlichen Sicherheit keinen Sinn, begründet Heil den Schritt, da "kluge Verbrecher eh andere Leute beim Kauf vorschicken". Falls ein Netzbetreiber aber von sich aus die personenbezogenen Angaben für die Kundenpflege speichern wolle, stehe dem nichts entgegen. Ausgedehnt haben die Telekommunikationsexperten von Rot-Grün zudem das Fernmeldegeheimnis erstmals auf Passwörter, PINs oder vergleichbare Zugangsberechtigungen. Bisher hatte die Bundesregierung auf einen leichteren Zugriff von Sicherheitsbehörden auf derlei heikle Daten gepocht.

    Mit einem klaren Nein haben die zuständigen Abgeordneten zudem das Ansinnen der Länder beantwortet, eine Verpflichtung zur sechsmonatigen Vorratsspeicherung aller beim Telefonieren, Surfen oder Simsen anfallenden Daten einzuführen. Dieser Linie konnten sich vorab zwar auch die Oppositionsparteien anschließen. Trotzdem erhöht sich damit die Wahrscheinlichkeit, dass der Unions-dominierte Bundesrat dem parlamentarischen Kompromiss zum TKG nicht zustimmen wird. Die Meinungsverschiedenheiten müssten dann im Vermittlungsausschuss ausdiskutiert werden.

    Lautstarke Kritik zum gesamten formellen Verabschiedungsprozess kommt dagegen von der Opposition, die sich in den Beratungen übergangen sieht: "Noch am Freitag hatten wir keine Position der Koalition zum TKG vorliegen, obwohl deutlicher Nachbesserungsbedarf bei der Anhörung im Wirtschaftsausschuss zu Tage trat und die Diskussion bereits über ein Jahr lang läuft", beschwerte sich Martina Krogmann, Internet-Beauftragte der CDU/CSU-Fraktion, gegenüber heise online. Man sei quasi blind in die letzten Verhandlungen mit Rot-Grün am gestrigen Montag gegangen. Ein solches Verfahren werde einem so wichtigen Rahmengesetz für eine Wachstumsbranche nicht gerecht


    Quelle

    mfg
    lagpot