Popetown

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AW: Popetown

Oh doch. Ohne allzutief ins Detail gehen zu wollen (gehört hier nicht zum Thema) hatten die meisten Menschen anfangs ganz andere Probleme als die Religion. Ausserdem gingen viele zu einem Jüdischen Arzt, Anwalt oder Ladenbesitzer. Teilweise hatte man sogar einen jüdischen Ehepartner. Man unterschied als "Normalo" genausowenig zwischen Jude und Christ, wie zwischen Katholik und Protestant.
Als die Regierung dann an der Macht war (Wahlsieg war nur Knapp) trat eine tatsächliche Verbesserung (wirtschaftlich, Beruflich, Gesellschaftlich) bei den meisten "Normalen" Bürgern ein. Aber der Rassenhass wurde ganz subversiv und von unten aufgebaut. Karikaturen im Stürmer (den kaum einer las). Komentare in den Medien, etc. Denn die meisten hatten ja weiterhin gute Beziehungen zum normalen jüdischen Nachbarn. Aber aus Karikaturen wurden immer "sachlichere" Komentare in der Presse - die Menschen sahen es für immer normaler an, dass die Juden an ihren Wirtschaftlichen Problemen schuld seinen. Und nach der Olympiade ging es dann richtig zur Sache. Mittlerweile akzeptierten sogar die Normalen aufgrund der jahrelangen medialen Gehirnwäsche die Sanktionen gegen Juden. Und als dann nach Kriegsbeginn auch noch die Bilder der zerlumten Ostjuden propagandistisch den Beweis für die Untermenschen erbrachte, war die Erinnerung an den seriösen jüdischen Hausarzt sehr verblasst - vor allem, da ja mittlerweile auch die ehemals "seriösen" Juden aufgrund der Restriktionen nicht mehr strahlend und normal, sondern arm und teilweise zerlumpt auftraten (aufgrund des Arbeitsverbotes etc. hatten sie kaum noch Geld fürs Leben. Und die Arbeitskleidung für Arbeiten in "Erzieherischem Masse" oder als "Strafe" machte aus dem ehemals integeren Anwalt einen zerlumpten "Untermenschen".
Da ausserdem alle Deutschen aufgrund des Krieges (eigener Mann, Sohn etc. im Krieg) andere Sorgen hatten, als sich um das Wohlbefinden desjüdischen Nachbarn, der längst keine Respektsperson mehr war, zu kümmern.
Auch heute kann man ähnliche Machenschaften immer wieder beobachten. Egal ob in der Bild-Zeitung über Mallorca Harry, die faulen deutschen Mütter oder Autoknackende ausländische Minderjährige berichtet wird, man versucht ein Bild bestimmter Personengruppen (HarzIV-Empfänger, Alleinerziehende Mütter, Ausländer) zu projektieren, welches unsere Einstellung diesen Personen gegenüber durchaus beeinflusst. Gleichzeitig wird, mit Berichten über Ausländerfeindliche Aktionen jeder von uns bereits unterbewusst kriminalisert, der sich nur über eine Moschee in der Nachbarschaft oder ein Kopftuch hinter der Ladentheke aufregt (Regt sich jemand aus dem selben Geräuschpegel-Grund über Kirchenglocken oder eine Disko auf, bzw. Punkerfarbene Haare hinter der Theke, so ist dies nicht eines Komentares würdig). Kein von uns denkt jedoch daran, dass er z.Zt. selbst schneller seinen Beruf verlieren kann und dann Harz-Empfänger wird als einem lieb ist. Und gerade bei grossen Firmen, wie jetzt wieder Siemens rollen ständig Köpfe in 4stelliger Höhe - viele dieser werden sich in zwei Jahren in Harz wiederfinden. Und alleinerziehende Mütter sind nicht immer nur faule Sozialfrizies.
Es wird uns immer mehr, egal ob in der Schule oder Gesellschaft, der Respekt anderen gegenüber aberzogen. Wir machen uns über Sozialhilfeempfänger, Andersgläubige, Aktionäre etc. lustig und merken dabei nicht, dass wir dadurch uns selbst gegenüber jeglichen Respekt aberkennen.
Die Folgen sind die immer grösser werdende Rücksichtslosigkeit mit der wir täglich konfrontiert werden. Beim Autofahren, beim Einkaufen, in der Arbeit, auf dem Amt, als Sch...liegenlassender Hundebesitzer, rüpelhafter Fahradfahrer in der Fussgängerzone, als erstes einsteigenwollender Buspassagier. Nur noch Egoismus und Ellenbogen zählen. In Beruf, Freizeit und Familie.
So wie Anfang letzten Jahrhunders der Respekt vor dem Nächsten in blinden Kadavergehorsam ausartete, so artet unser heutiges Recht auf Selbstverwirklichung in blinden Egoismus und Respektlosigkeit aus.
Wir Deutschen sind für Extreme immer zu haben.

 

AW: Popetown

Ich gehe am Stock! Gerade hat Godwins Law zugeschlagen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Godwins_Gesetz

Und ich kleines Dummerchen dachte, das gibt es gar nicht. Das ich das noch erleben darf....

Godwins Law besagt, dass im Verlaufe endloser Diskussionen, beispielsweise in Foren, irgendwann jemandem einen Nazivergleich oder einen Vergleich mit Hitler einbringt.

 

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Ich hab mal einige Minuten von Popetown gesehen.
Und: Es ist den ganzen Krach nicht wert.

Es ist platt, unwitzig, bestenfalls mittelmäßig.
Man könnte fast sagen, dass man am Aufstand die Verzweiflung erkennen kann, die in manchen Kreisen herrschen muss, dass man sich an diesem Machwerk hochzieht.

Und damit meine ich nicht mal diejenigen, die ihre Position hier im Forum auf halben Forumsseiten erläutern, sondern die, die Lizenzentzug und dergleichen fordern. (Lest mal den TAZ-Artikel, dessen Link weiter oben gepostet wurde)
Keiner hat die Serie gesehen, obwohl MTV sehr bereitwillig Ansichtsexemplare in die Menge werfen würde, wenn sie denn einer haben will.

Es geht einigen Menschen anscheinend nicht um die Serie oder ihren Inhalt, sondern ums Prinzip. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass Vertreter des Vatikan zum Boykott von "The Da Vinci Code" aufrufen.
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,413810,00.html

Offensichtlich hat man vor fiktiven Unterhaltungswerken Angst.

 

AW: Popetown

In einem Punkt geb ich dir recht - die Kirche hätte erst mal nichts machen sollen, speziell bei dieser Serie. Sie wäre keinem aufgefallen...

 

AW: Popetown

Hui! Und das nennst du mal so eben in einem Atemzug? Da liegt doch gerade der Hund begraben: Dass die Verhältnismäßigkeit nicht mehr stimmt. Wie schon mehrfach richtig angemerkt, gab es schon etliche Verhohnepiepelungen des Papstes (mehr scheint ja auch "Popetown" nicht zu sein) - und nie hat sich jemand groß darüber aufgeregt. Nun aber gibt es Politiker und Kirchenvertreter, die direkt nach Verboten und Gesetzesänderungen schreien. Religion wird zum Machtgewinn instrumentalisiert. Ein gefährlicher Trend, der da offenbar gerade aus stark religiös geprägten Gesellschaften zu uns rüberschwappt. Wer ist denn der Irre? Der, der karikiert und lächerlich macht - oder der, der daraufhin gleich bombt und mordet?

Ich will die Popetown-Kritiker nicht mit islamistischen Terroristen in einen Topf werfen. Aber zumindest in den Ansätzen wird auch hier versucht, mit Religion aufzuwiegeln. Wohin das führen kann, sehen wir täglich in den Nachrichten - ob es nun die Wiederwahl von George Bush und die schrittweise Abschaffung der Evolutionslehre ist oder eben irgendwelche Terroranschläge.

Nun einfach zu sagen, wir fassen uns alle nur noch mit Samthandschuhen an, halte ich für den falschen Weg. Denn das erstickt auf lange Sicht jede Form des fruchtbaren Gedankenaustausches. Respektvolles und freies Zusammenleben bedeutet auch, dass es einen offenen Diskurs darüber geben muss, welches Maß an Respektlosigkeit erträglich ist. Das erreicht man aber nicht, wenn man alles, was irgendwie gefährlich scheint, gleich verbietet, ohne sich damit überhaupt wirklich inhaltlich auseinander gesetzt zu haben.

Mit Sicherheit ist es für das vermutlich eher platte "Popetown" zu viel der Ehre, es zur letzten Festung einer freien Gesellschaft hoch zu stilisieren. Aber in einer freien Gesellschaft müssen nun mal auch platte Gedanken erlaubt sein, damit den wahren Geistesblitzen nicht der Nährboden entzogen wird.

 

AW: Popetown

Die Frage ist doch eher, warum muß man alles und jeden verunglimpfen. Was hat MTV davon? Warum wählt man wohlbewußt gerade jetzt ein solches Thema? Hätte MTV nicht so marktschreierisch damit geworben ("lachen statt rumhängen") wäre es erst gar nicht zu diesem Aufruhr gekommen. Da wir doch ganz bewußt provoziert, um Aufsehen zu erregen. Um mehr geht es doch nicht. Mit der x-ten Folge von "Pimp your ride", Einblicke ins "reale Leben" irgendwelcher Pop(p)-Sternchen locken die doch niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.

 

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Nein, es geht um zwei Fragen! Um die von dir genannte, und darum, warum man auf eine solche Sendung direkt mit Verboten reagieren muss.

Zu beiden Aspekten habe ich mich geäußert. Und im Zweifel wiegt für mich die Meinungs-, Kunst- und Gedankenfreiheit so lange schwerer, bis tatsächlich jemand, der die Sendung auch gesehen hat, schlüssig anhand ihres Inhalts darlegen kann, was daran für wen gefährlich sein soll.

Dass MTV mit dieser bewusst provokant beworbenen Serie natürlich nicht unbedingt die Welt verbessern will, sondern vor allem seine Quote, steht außer Frage. Das ist aber kein Grund, die Ausstrahlung zu verbieten. Man kann das natürlich kritisch sehen oder sich sogar drüber aufregen - als Grund für ein Verbot reicht mir das aber nicht aus.

 

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Per Gesetz sollte man es dürfen, der Anstand sollte es aber verbieten.

 

AW: Popetown

Hast Du tief und fest geschlafen? Es gab diesen Aufstand von allerlei Leuten und von einigen katholischen Fundamentalisten.

Völlig überflüssig eben; wer in der Öffentlichkeit agiert, muss eben auch mal etwas aushalten können.

Und ohne diesen Protest wäre die Serie doch gar nicht aufgefallen.

 

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Weshalb eigentlich nicht?

Übrigens wird in dieser Serie nicht eine Religion satirisch dargestellt, sondern nur das Botenpersonal... Wo liegt das Problem?