Erdogan-Gedicht im ZDF: Nachspiel für Böhmermann

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Muttis Meinungsmache in dieser Sache hat nicht nur ein Geschmäckle. Sie ist sogar die Wurzel allen Übels. Das Thema wäre längst in der Versenkung verschwunden, hätte Mutti letzten Montag einfach nur den Nuhr gemacht. Aber wen wunderts? Von der Wirkungsweise der sozialen Medien hat sie ja bekanntlich genauso wenig Ahnung wie von Politik zum Wohle der eigenen Bevölkerung.

 

Hier gebe ich Dir recht, bis auf die angebliche Einmischung Merkels. Die sehe ich hier einfach nicht. Es war für mich eine gerechtfertigte Entschuldigung in der derzeitigen brisanten tagespolitischen Lage.

 

Tucholsky „Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel.“ Aber so gut wie niemand saß auf dem Sofa und entrüstete sich (die Original-Sendung hat kaum jemand gesehen). Nur einer auf einem Diwan nimmt übel, wobei man sich die Frage stellt: Woher kennt der überhaupt – anders als gefühlt zwei Drittel der Deutschen – das schmähende Stück?
Und da wir den Muslimen in aller Welt, ganz gleich welchen Feuerzauber sie veranstalten, doch sonst immer mit ganz viel Verständnis begegnen, soll hier auch der Versuch unternommen werden. Der fromme Erdogan hat vielleicht so wenig Humorverständnis, weil der Humor im Koran so gut wie keine Rolle spielt. Explizit ist eine Stelle (Sure 83, Verse 29-36), die man so zusammenfassen könnte: Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Oder auch so: Der Gläubige lacht, nachdem dem Ungläubigen das Schandmaul gestopft wurde.

 

Schon seltsam. Würde sich ein nicht-westlicher Regierungschef so über einen Beitrag im nationen TV äußern, dann hätten sich Politiker aller Fraktionen längst mit allen nur erdenklichen Verbalkeulen über die mangelnde Pressefreiheit in diesem Land bereits gegenseitig überboten...

 

Die Presse wehrt sich anscheinend.
Presseschau zu Böhmermann: "Vorauseilender Gehorsam"

 

Nicht bloss die Politiker , dann hätte die Presse wieder ein Thema um von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken.

 

Welche Unzulänglichkeiten denn?

 

Stichwort Berichterstattung , aber da scheinst Du ja auch schon etwas abgestumpft zu sein um zu verstehen was da teilweise abläuft.

 

[...]ein untertänig wirkender Akt des vorauseilenden Gehorsams gegenüber einer Regierung, deren Wohlgefallen Angela Merkel unbedingt braucht, um die Flüchtlingszahlen klein zu halten.
Wenn man es überspitzt formuliert, ist Merkel die fünfte Kolonne Erdogans. Diese Frau kennt in ihrer politischen Egomanie anscheinend keine Grenzen mehr.

 

Also, warum es zur satirischen Verdeutluchung der Abgrenzung von Schmähkritik und erlaubter Satire notwendig sein sollte, ein ellenlanges Hassgedicht zu verbreiten, kann ich nicht erkennen. Und teilweise werden dabei auch noch übelste Negativklischees über Türken bedient (sein ... riecht nach Döner). Sollte es noch Satire sein, ist es jedenfalls kollosal schlechte Satire. Wenn er nur gesagt hätte: Ich darf nicht sagen, Erdogan ist ein ... , das ist Schmähkritik, hätte sich auch niemand aufgeregt. Es kann aber auch irgendwie nicht sein, dass man nur einen kurzen Disclaimer am Anfang macht und dann trotzdem seinen Rotz mit 24 Gedichtzeilen vorträgt und das man damit dann einfach ungeschoren davonkommt.

Mich ärgert es auch ziemlich, dass jetzt möglicherweise Gerichte diesen Quatsch entscheiden müssen. Es ist ein ziemlicher Grenzfall, da sich Böhmermann ggf. nicht nur auf die Meinungsfreiheit, sondern auch auf die Kunstfreiheit berufen kann, die deutlich schlechter eingeschränkt werden kann. Ich vermute deshalb fast, dass er damit durchkommt und dann x-Nachfolger dazu verleiten wird, ihren Rotz mit kurzen Disclaimern zu versehen.

Böhmermann hat es geärgert, dass die Kollegen von extra 3 so einen kollosalen Erfolg mit ihrer Satire durch Erdogans Adelung erfahren haben, er musste ja unbedingt aus Eitelkeit einen draufsetzen. Jetzt muss er sehen, wie er da rauskommt. Eigentlich wollte er genau das machen. Er liefert damit aber Erdogan und seinen Anhängern damit eine wunderbare Steilvorlage und das kotzt mich ziemlich an.