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BR startet DAB-Plus-Werbekampagne

Dieses Thema im Forum "DF-Newsfeed" wurde erstellt von DF-Newsteam, 23. November 2016.

  1. Radiowaves

    Radiowaves Gold Member

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    Keine Probleme mit nicht für UKW aufbereiteten Quellsignalen? Ich habe massiv Stress damit gehabt, als ich den UKW-Bereich eines Kabelnetzes modernisiert habe. Da sind einige Programme von DVB-S auf UKW umgesetzt, die seitens des Programmanbieters nicht für UKW vorgesehen sind und keinen die Preemphasis berücksichtigenden Transientenlimiter im Signalweg haben. Die Folge: solche Programme "spucken" (Verzerrungen durch massive Hubüberschreitung) bei hochtonlastigem Material, z.B. bei Frauenstimmen (Nachrichten- und Programmsprecher), manchen "scharf" produzierten Verpackungselementen und natürlich auch bei bestimmter Musik, z.B. mit Blechbläsern. Der Effekt ist offiziell unter dem Namen "Spuckeffekt" bekannt und seit den 1950er Jahren ein Thema. Damals wurde vor allem die moderne "Tanzmusik" und Sprache als problematisch erkannt. Je mehr von hochwertigen Quellen gesendet wurde und nicht von Schellack, umso heftiger wurde es.

    Auf DVB-S sind z.B. folgende Programme nicht für UKW-Verbreitung aufbereitet:

    D-Radio Wissen
    D-Kultur
    BR Heimat
    Bayern plus
    MDR Klassik
    SWR 2
    WDR 3 (ganz übel in den Nachrichten)

    Was für uns DVB-Direkthörer ein Segen ist (kein UKW-Processing mit Tiefpaß bei 15-16 kHz, kein Transientenlimiter, keine adaptive Preemphasis), führt beim Füttern von UKW-Modulatoren mit solchen Signalen zum Spuckeffekt. Man muss dann besonders niedrig pegeln und vergibt damit S/N. Dennoch will ich nicht fordern, daß diese Programme ebenfalls UKW-Processing bekommen, denn man kann es handeln, Kabel-UKW-Aussstrahlungen sind nicht der Hauptverbreitungsweg, UKW ist eh irgendwann vorbei und ich möchte mich natürlich wie die anderen Freaks am sauberen Klang bei Direktnutzung des DVB-Signals erfreuen.

    Die DVB-Programme, die quellidentisch mit dem zur Versorgung der UKW-Sender bearbeitetem Signal sind, haben diese Probleme nicht, klingen aber leider wegen brutaler Multibandbearbeitung oft für die Tonne, was nicht nur bei DVB-Direkthören frustrierend ist. Man kann aber auch UKW-konform sein und dennoch gut klingen, wie z.B. BR Klassik beweist. Die MP2-Spur auf Astra ist UKW-bearbeitet und im Modulator absolut gutmütig. Dennoch ist sie klanglich hochwertig. Das gleiche trifft z.B. für hr2 und Bayern 2 zu.

    Hier ein Beispiel, das ist MDR Klassik, ein digital-only-Programm, ich kabele es auch auf UKW aus:

    [​IMG]

    In den Nachrichten (9.00 - 9:05) knallt der UKW-Spitzenhub bis jenseits 120 kHz. 75 kHz wären erlaubt. Ich müßte die Aussteuerung mindestens um 5 dB zurücknehmen, damit käme ich auf eine mittlere MPX-Leistung (= Lautheit) von nur noch ca. -10 dBr. Das Programm wäre dann grausig leise. Hier sieht man, wie dringend nötig eine UKW-Aufbereitung ist, wenn man auf UKW anständig senden will. Im Kabel sind Hubüberschreitungen nun kein Thema für die BNetzA (wäre das terrestrisch, würden sie alsbald auf der Matte stehen und abmahnen), aber es eckt halt in den ZF-Filtern an und spuckt. Ich mußte also noch einige dB dimmen. D-Radio Wissen sieht ganz ähnlich aus, WDR 3 ebenso.

    Das gleiche mal für BR Heimat:

    [​IMG]

    Auch da Hubüberschreitungen, obwohl ich schon 1 dB gedimmt hatte verglichen zu Standard-Pegelung. Das ganze ist aber wesentlich dezenter als bei MDR Klassik. Um die Spitzen hier auf 75 kHz zu begrenzen, hätte ich weitere 4,5 dB dimmen müssen. UKW-Tuner verzerren aber, wenn sie nicht gerade von DX-Freaks extra schmale FIlter spendiert bekommen haben, nicht sofort, wenn man über 75 kHz Hub geht. Also habe ich einen Kompromiss eingestellt, ist ja nicht "in der Luft", ist ja nur Kabel. Kann man gut mit leben.

    Bayern 2, ebenfalls die Version von DVB-S:

    [​IMG]

    Das ist kreuzbrav. Habe es inzwischen noch 1,5 dB im Pegel angehoben, damit komme ich auf ca. 63 kHz Spitzenhub und -1 dBr maximale MPX-Leistung. Also alles auf der sehr sicheren Seite und klanglich perfekt. Man merkt nicht, wenn man das hört, daß es UKW ist. Klingt auch unter Kopfhörer wie DVB-S. Nur an ganz leisen Stellen bemerkt man das vorhandene UKW-Grundrauschen.

    Ich erwarte Spuckeffekt auch bei mit (legalen) Hobby-Transmittern auf UKW umgesetzten Webradios, die nichts mit UKW zu tun haben, da die auch keinen Transientenlimiter im Signalweg haben dürften. Das gleiche gilt natürlich für die eigene CD-Musiksammlung, über einen einfachen Transmitter abgehört.

    Toll! Aus diesem Grund hat unser Kabelnetz auch BR Heimat auf UKW bekommen. Da hängt auch ein Seniorenheim dran, ich hoffe, man hat es dort bemerkt.

    Übrigens: D-Kultur dürfte vermutlich immer noch eine Zuführung zu den UKW-Standorten mit nur 192 kbps MP2 haben, also formal die einstige Qualität von Astra Digital Radio oder DAB (alt). Man merkt es auch, es lispelt etwas bei den Nachrichten. Zuführung erfolgt über eine spezielle SCPC-Verbindung auf 23,5° Ost mit Spezialreceivern von International Datacasting, den Stream kann man nicht mit Heimgeräten loggen. Anders hingegen der DLF: dessen einst baugleiche Zuführung wurde gewechselt, die freiwerdenden Teile gingen soweit mir bekannt in den Ersatzteilpool für von D-Kultur, der DLF hat nun fette 384 kbps MP2, ebenfalls auf 23,5° Ost. Ist ein Schmalband-Signal (Symbolrate knapp unter 1000 kSymb/s), mit manchen Receivern kann mans loggen. Die NF dort ist nicht identisch mit der von 19,2°Ost (256 kbps). Letztere hat den UKW-Transientenlimiter nicht drin und macht deshalb vermutlich bei Kabelzuführung über diesen Weg den gleichen Streß wie D-Kultur. Da ich den DLF aber problemlos via UKW ranbekomme, habe ich das als Einspeisequelle verwendet. Zum Glück funktionierte die regionale D-Kultur-Funzel dann unerwarteterweise auch perfekt als Quelle, so daß ich vom spuckenden DVB-Signal weg kam und den Sat-UKW-Modulator anderweitig verwenden konnte.
     
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  2. Mogwai

    Mogwai Silber Member

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    Und der Loudness War:
    Natürlich hört man, besonders über eine gute HiFi-Anlage mit entsprechenden Lautsprecher-Systemen, den Presslufthammer-Sound vieler
    Radiosender auf UKW und auch über DVB-S. Ich glaube, es fing so Ende der 80er Jahre an und wurde dann immer schlimmer . Auch CDs bekamen diesen komprimierten Plärr-Sound. Das geht bei einigen Produktionen bis in die digitale Verzerrung. Das Motto: Möglichst laut.
    Dynamik ist so gut wie nicht mehr vorhanden. Leise Passagen werden gnadenlos an den Rand komprimiert.
    Soundprocessing (Optimod und Co) sorgen bei vielen Radios dafür, dass die dadurch subjektiv empfunden Lautstärkeunterschiede der Grundsignale nicht zum Problem werden (Jingles, Moderatoren, CD-Loudness). Man presst also alles möglichst weit nach oben. Komisch, dass sich so wenige Musiker gegen diesen Eingriff in ihre Musikalität wehren. Klar, gegen das Radio-Processing kann man schlecht etwas machen, doch die Dynamik auf CD auszunutzen wäre im Grunde Sorgfaltspflicht. Und wenn man denkt, es geht kaum noch schlimmer, dann bitte
    mal die französischen Rock Sender "Mouv´" oder "Oui Fm" (über Astra 19,2) anschalten. Da wird man quasi an die Wand gepresst...
     
  3. Cha

    Cha Gold Member

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    Geht noch viel härter: Hast Du schon mal die französischen Programme "Virgin Radio" oder "Skyrock" über Astra entdeckt? :D
     
  4. Fragensteller

    Fragensteller Wasserfall

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    @Radiowaves : wow, danke da hast Du uns wirklich schlauer gemacht. Vielen Dank, das beseitigt so einige Mythen über das ach so tolle UKW.
     
  5. Mogwai

    Mogwai Silber Member

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    Ja, auch die haben mich schon angeschrien. Bei den Moderationen hört man oft das Processing-Pumpen. Die digitalen Soundprozessoren
    lassen sich noch viel gezielter einstellen, als die alten analogen Teile. Man kann einem Sender einen regelrechten Loudness-Sound verpassen.
    Muss man ja auch. Wenn man alles an die Peak-Grenze gepresst hat, dann kann man sich nur noch durch Sound-Verbiegung "erkennbar" machen. Schon traurig, wie die Möglichkeiten der digitalen Technik kaputt gepresst werden. Wie schon geschrieben, es fängt ja schon
    beim CD-Mastering an. Immerhin: Einige Radios denken um und bei einigen Musikern scheint das Thema Loudness War ebenfalls
    angekommen zu sein. Ist ja auch ein Witz, wenn bei der Aufnahme Kompressoren und Limiter sensibel eingesetzt werden, die Dynamik
    hörbar bleibt und dann wird beim Mastering einfach alles ans Limit gepresst.
     
  6. Radiowaves

    Radiowaves Gold Member

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    Das sind dann aber genau die Programme, die man problemlos auf UKW umsetzen kann, weil sie i.d.R. den Transientenlimiter und den HF-Clipper haben, den man da braucht. Sie klingen halt generell übel. Beispiel RBB Radio Eins: ein seit September 2011 auf DVB übel entstellter dumpfgreller Mulm, mit das schlimmste, was die ARD fabriziert (der RBB findets gut so, das habe ich schriftlich). Kann man absolut problemlos auf UKW auskabeln, das spuckt nie. Man erreicht bei Radio Eins maximale Lautheit (MPX-Leistung 0 dBr) etwa bei der Pegelung, bei der der Spitzenhub gegen 75 kHz geht:

    [​IMG]

    Das ist eine DVB->UKW-Umsetzung. Die kann ich ca. 2 dB anheben, dann geht der Spitzenhub gegen knapp 75 kHz und die MPX-Leistung maximal auf knapp 0 dBr.

    Man kann auch ohne noch größere Kollateralschäden am Klang heftiger komprimieren, dann geht die Lautheit (MPX-Leistung) zuerst an die Grenze von 0 dBr, während der Spitzenhub noch weit darunter bleibt. Das Mittelwert(Lautheits-)-Spitzen-Verhältnis ist dann ein ganz anderes als bei z.B. einer dynamikreichen Kulturwelle. Heutige UKW-Prozessoren können das super, wenn man sie "korrekt" einstellt. Ein Programm, das das mit am besten ausreizt, ist Antenne Thüringen. Hier eine Messung an deren UKW-Signal, 1:1 umgesetzt auf eine andere Frequenz, aber inhaltlich identisch:

    [​IMG]

    Die MPX-Leistung ist faktisch dauerhaft am zugelassenen Grenzwert. Lauter darf man in Deutschland nicht auf UKW senden. Der Spitzenhub geht aber maximal bis 59 kHz. Davon sind ca. 9 kHz dauerhaft vorhanden für Stereo-Pilotton (hier 6,8 kHz) und RDS (hier 2,5 kHz). Reiner Audio-Hub sind also ca. 50 kHz und dürften anteilig ca. 66 kHz sein, also 2,4 dB mehr. Damit käme man aber auf +2,1 dBr maximale MPX-Leistung und das würde zur Abmahnung durch die BNetzA führen.

    Dabei klingt Antenne Thüringen nicht noch beschissener als Radio Eins, was darauf hindeutet, daß Radio Eins bei eigentlich günstigerem Peak-Lautheits-Verhältnis ("günstiger" im Sinne von "natürlicher") das vorhandene klangliche Potential nicht ausreizt. Die klingen halt einfach nur scheiße, ohne dabei richtig laut zu sein.

    Bei einigen??? Bei vielen! Rechteck ist doch inzwischen völlig normal, das wird dann auf -0,1 dBFS Pegel "normalisiert" und fällt damit erstmal gar nicht als Übersteuerung auf. Da Rechteck aber hohe Frequenzen in der Spektralzerlegung aufweist und diese im CD-Audio-System mit nur 44,1 kHz Abtastrate nicht über 22 kHz möglich sind und also weggefiltert werden, entsteht im Digitalfilter dann irreparables Clipping. Auch beim Erstellen von MP3 aus heutigen Pop-CDs kann man feststellen, dass der Spitzenpegel des MP3 je nach Bitrate durchaus mehr als 1 dB, teils mehr als 2 dB höher liegt als der Spitzenpegel der originalen CD. Das sind dann Effekte der Bandbegrenzung und Datenreduktion. Ich dampfe heutige Pop-CDs meist mit ca. -1,4 dB Pegelabsenkung ein, Lame macht das gleich in einem Abwasch mit "--scale 0.85" mit.

    Schlecht ausgesteuert, kann sowas aber auch nerven. Die Moderation leise, die Jingles brüllend laut, die Musik so mittel. Eigentlich gibt es mit EBU R128 einen Weg, alle Programmelemente auf einheitliche Lautheit zu bringen. Der BR hat als erste Anstalt die Umstellung seiner Radioprogramme abgeschlossen. Hinter einem UKW-Processing bringt das freilich nicht viel, da bleibt von R128 nicht mehr allzuviel spürbares übrig.

    Man muß dazu aber alle Quellen auf ähnliches Spitzenpegel-Lautheits-Verhältnis bringen, damit das Programm homogen bleibt. Maßstab ist dabei wohl die Popmusik mit ihrer hohen Lautheit. Dann muß z.B. das Moderatorenmikrofon deutlich verdichtet werden, sonst begrenzen dessen Spitzen die Gesamtaussteuerung. Auch Telefon-Einspielungen müssen knallhart komprimiert und limitiert werden, um mit aktueller Popmusik mithalten zu können.

    Welche Mythen? Daß ein UKW-Programm immer einen Transientenlimiter braucht, um keinen Überhub zu erzeugen, ist kein Mythos. Das ist seit Anbeginn so. Verschärft hat sich die Problematik nur dadurch, daß heutige digitale Musikproduktionen viel greller, also mit viel mehr Höhenanteil, erstellt werden, was bei UKW aufgrund der Preemphasis von 50 µs kontraproduktiv ist. Die Preemphasis macht ja bei 15 kHz schon ca. 15 dB Anhebung! Vgl. Radio Z Technik

    Es gibt aber natürlich Geräte, mit denen man klanglich weitgehend transparent UKW-konform aufbereiten kann, auch bei weitgehend voller Dynamik. Der Jünger d07 aus Berlin ist so eine Kiste, sie dürfte heute noch bei allen ARD-Kulturwellen und bei DLF und D-Kultur im UKW-Signalweg liegen. Und Programme wie D-Kultur, BR Klassik oder hr2 klingen auf UKW hervorragend. Es geht also.

    Auch ein fetter Optimod kann diese Grundfunktion, siehe hr1, wenn Reinke Vinyl sendet. Dann wird alles ausgeschaltet außer dem UKW-Transientenlimiter. Da klingt dann auch ein Optimod sauber.

    Oder den "Mythos", daß UKW datenreduziert zugeführt wird? Das ist auch normal, wird aber meist mit sehr hoher Bitrate gemacht und beeinträchtigt damit den Klang kaum. D-Kultur und einst DLF mit nur je 192 kbps MP2 waren schon heftig (vor allem für Kulturwellen), aber auch andere Programme sind vergleichbar zugeführt worden. Das kleine Thüringer Radio Top40 z.B. hatte irgendwann 16 kleine UKW-Frequenzen und eine DAB-Verbreitung mit 192 kbps MP2 (alt-DAB). Was tat man? Man versorgte UKW einfach mit dem DAB-Signal! An den Senderstandorten standen Terratec DR-Boxen (handelsübliche DAB-Empfänger mit UKW-Anschluß, heute noch begehrt, weil man sie unter Linux als DAB-Multiplexempfänger verwenden kann und sich einen DAB-Monitor für den Mux bauen kann), deren Audio-Ausgang in den UKW-Stereocoder des Senders ging. In Bayern wurde teils angeblich ähnliches mit privaten Lokalprogrammen gemacht.

    Üblich sind heute als UKW-Zuführung z.B. 256 kbps MP2, 384 kbps MP2 (DLF-UKW-Zuführung) oder 384 kbps APT-x. Und wenn das ausfällt schaltet man teils als Rückfallebene auf 64 kbps HE-AAC um.
     
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  7. Mogwai

    Mogwai Silber Member

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    @Radiowaves: Zunächst einmal Danke für deine technisch sehr fachkundigen Erklärungen (+Diagramme) und Respekt vor deinem enormen Fachwissen! So etwas findet man nicht häufig in solchen Threads.

    Damit bringst du den Zustand recht gut auf den Punkt:

    "Schlecht ausgesteuert, kann sowas aber auch nerven. Die Moderation leise, die Jingles brüllend laut, die Musik so mittel. Eigentlich gibt es mit EBU R128 einen Weg, alle Programmelemente auf einheitliche Lautheit zu bringen. Der BR hat als erste Anstalt die Umstellung seiner Radioprogramme abgeschlossen. Hinter einem UKW-Processing bringt das freilich nicht viel, da bleibt von R128 nicht mehr allzuviel spürbares übrig."

    Tatsächlich haben beim RBB Radio 1 vor 2011 die Pegelunterschiede ganz schön genervt. Lautstärke von Musiktiteln sehr unterschiedlich, man regelt also am heimischen Verstärker die Lautstärke nach, aber dann war z.B. die Moderation viel zu laut. Und die (vorproduzierte) Oma mit den Haushalts-Tipps hat man oft gar nicht verstanden, so weit unter dem Musik-Pegel war die. Ja, das hat genervt. Dann hat man das Processing drauf geklatscht. Selbst ein Tontechniker hätte die vorherigen Pegelsprünge kaum oder nur mit ständigem Nachpegeln hinbekommen. Es schließt sich halt auch ein Kreis zu den Loudness verseuchten CDs der letzten Jahrzehnte. Bei Privatradios muss man
    sogar den Tontechniker mit z.B. dem Optimod ersetzen. Kaum ein Moderator (sog. Selbstfahrer) wäre in der Lage einen korrekten Pegel einzuhalten.
    Und mit der oben beschriebenen Loudness-Problematik schon gleich gar nicht.
    Und auch was du zum Optimod anführst ist richtig: Er liefert letztlich das, was und wie eingestellt wurde. Doch wenn es nur darum geht,
    den Mitbewerber zu überplärren, dann bleibt halt ein dynamisches (musikalisches), ausgewogenes Klangbild meist auf der Strecke. Ich fürchte fast, viele Hörer
    haben sich daran gewöhnt und würden ohne Loudness alle anderen Tonquellen als schlapp empfinden...
     
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  8. Radiowaves

    Radiowaves Gold Member

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    Bitte, gern geschehen.

    Ich habe mich lieber von den teils heftigen Lautheitssprüngen nerven lassen. Bei mir hatte die Umstellung auf den UKW-Rotz via DVB (UKW klang nämlich in Berlin schon immer so vergurkt bei Radio Eins, nein, halt, einstmals wars bissl besser, man hat das ganze noch eskaliert) dazu geführt, daß der RBB-Hörfunk (die Anstalt, für die ich ungefragt GEZ abdrücken muß) mit Ausnahme des Kulturradio komplett aus dem Senderspeicher geflogen ist. Ich bekomme Aggressionen von diesem kaputten Klang. Das Tagesprogramm von Radio Eins mochte ich nie, aber 2 Abendsendungen hörte ich gerne. Ich verzichte seit 2011 darauf und wenn der Laden zur Hölle fahren würde, wäre es mir wurscht. Das Signal ist zerstört und für mich als hörästhetisch noch nicht pervertierten Menschen völlig unbenutzbar.

    Ein ARD-Hörfunktechniker einer anderen Anstalt, der seinerzeit Radio Eins wegen einer Spezialsendung daheim via Satellit hörte, hielt das Signal im September 2011 zuerst für einen Havarie-Weg, der alsbald wieder rausgenommen wird. Später gab er zu Protokoll "deutlich pumpender Mehrbandkompressor - klingt wie ein belgischer Pirat." Und ein ex-Arbeitskollege hatte während des einjährigen Pilotprojektes "Radio via DVB-T" 2005-2006 seinen DVB-T-Receiver in Berlin an die Stereoanlage angeschlossen, um Radio Eins darüber und nicht über den verrotzten UKW-Weg hören zu können. Aber das Thema ist sowieso schon Geschichte.

    Wieso nur dort? Auch bei den Öffis wird inzwischen weitgehend selbstgefahren. Das betrifft auch die Kulturwellen! Und da geht es bekanntlich normalerweise auch ohne klangentstellendes Soundprocessing. Beim RBB mußten die Kulturradio-Moderatoren vor soweit ich mich erinnere 4 Jahren auch Selbstfahren lernen. Mehrere dieser Versuche waren angeblich zuvor an der Weigerung des Personals gescheitert. Auf Rundfunkfluren erzählte man sich dann, die Intendantin hätte gesagt, wenn sie diesmal wieder verweigern, schließe sie die Welle. Da standen sie dann also selbst vorm Stehtresen im SK4 in der Masurenallee und mußten sich mit dem Mandozzi-Pult und der Sendesoftware befassen. Inwieweit heute alles dort selbstgefahren wird oder ob manches Techniker-assistiert ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Habe keinerlei Kontakte mehr in diese Anstalt.

    Auch Bayern 2 wird (großteils?) selbstgefahren und klingt nicht scheiße. Auch nicht, bevor R128 eingeführt wurde. Man kann also, wenn man will. Beim RBB will man nicht. Der vergurkte Klang ist nicht nötig, um Aussteuerungsfehler abzufangen, der vergurkte Klang soll offenbar ein akustisches corporate identity sein: "wir sind's - die, die so scheiße klingen". Vielleicht will man mit Radio Eins gegen Flux FM fahren, denn klanglich sind beide sehr verwandt kaputt. Wäre Radio Eins eine Privatfunk-Klitsche, wäre mir das egal. Aber mir wird monatlich Geld dafürk abgezogen und das ist ein Skandal. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk hat neutral benutzbar zu sein. Wenn er nur für Menschen senden will, die hörästhetisch kaputt sind, kann er weg. Ein gebührenfinanzierter akustischer Schweinetrog? Nein danke.

    Übrigens: als auf den Frequenzen von Radio Eins noch intelligentes Radio für Erwachsene gemacht wurde (ORB Radio Brandenburg, "Was glauben Sie denn, ist Kultur?"), war das freilich klanglich sauber. Als RaBra im Sommer 1997 durch Radio Eins ersetzt wurde, stellte man die Möbel in der bislang technikergefahrenen Regie in einer Baracke (der ORB war eine "schlanke Anstalt") in Potsdam Babelsberg auf graue Klötzer von geschätzt 30 cm Kantenlänge, um alles auf Stehhöhe zu bringen. Dazu wurden Mikrofone installiert (es gab vorher ja einen separaten Sprecherraum mit U87), die Mikrofone waren Electrovoice RE20 (Spitzname "Elefantenpenis"), top für die Saxophon-Abnahme, für Sprache ein Elend, dumpf, topfig, dünn. Hat irgendwer mal aus den USA eingeschleppt, verbreitete sich in Deutschland wie eine Seuche. Allerdings nicht beim Kulturfunk, sondern nur beim Schundfunk. Und bei Radio Eins. Ein Moderator berichtete später von dem Schamgefühl, das sich bei einer Livesendung zusammen mit der BBC einstellte: die Briten von weit weg klanglich sauber, er selbst klang wie aus einem Zahnputzbecher.

    So sah das kurz vor Ende aus dieser Baracke aus:

    [​IMG]

    Hinter der Scheibe war einst der Sprecherraum. Das Pult ist ein gut abgerocktes EELA S440, auf dem Pult stehen (mit hellblau beleuchteten Displays) Steuerteile für AKAI DD-1000 MOD-Player (für die Verpackung), den Player sieht man ganz links neben dem Bildschirm noch ein Stück weit rausgucken. Die beiden dicken Mikrofone sind die schauderhaften RE20, das kleine dünne hinten links war ein Beyerdynamic. Foto stammt von hier: Rückblick: Juni 1999 - ich bin nicht der Autor, weder der des Textes noch der des Fotos. Das Foto stammt von Kai Ludwig (steht auch auf der Seite).

    Am Tage, als dieses Foto gemacht wurde (es war irgendwann im Frühjahr 2002), war Tag der offenen Tür im neuen ORB-Radiohaus nebenan. Massen drängten sich auf dem Gelände, das Radiohaus war gerade fertiggestellt worden. Das neue Studio von Radio Eins konnte bei laufender Sendung besichtigt werden. Die Baracke, aus der Radio Eins bis kürzlich gesendet hatte, war aber niemandem bekannt, niemand suchte sie und niemand besichtigte sie. Die Nachrichten-Leute hatten dort noch ihr Büro und damit sie nicht immer rüberlaufen müssen ins neue Radiohaus, wurden die Nachrichten noch in der Baracke gelesen. Dazu lief das Programm aus dem neuen Studio über einen Regler des alten Pultes in der Baracke und erst von dort in den Schaltraum. Dieser Übernahmeregler war dauerhaft offen, nur die Nachrichten wurden halt zur passenden Zeit einfach dort gelesen und dazugemischt. Am dritten Kanalzug von links steht im obigen Foto ein kleiner Zettel. Den gibt es auch in Nahaufnahme:

    [​IMG]

    So einfach geht das! :D

    Im neuen Radiohaus gab es dann auch wieder richtige Mikrofone (U87, eigentlich oversized für diesen Zweck), was bei technisch und ästhetisch engagierteren Mitarbeitern für Erleichterung sorgte. Nur die einzige Pegelanzeige im Blickfeld des Moderators war nichts weiter als eine TFT-Anzeige mit Pegelanzeigen-Simulation vom Mischpulthersteller Mandozzi, in der sich, wenn man vor dem Pult stand, die Deckenbeleuchtung spiegelt und in der man nichts relevantes ablesen kann:

    [​IMG]

    Das war in der fensterlosen "Havarie-Regie", aus der Fritz alsbald nach Bezug des neuen Studios im Radiohaus senden durfte, weil man Fritz (im Erdgeschoß) die Server in den Keller gestellt hatte, der im Sommer 2012 bei einem heftigen unwetter gepflegt mit Wasser vollief und alles an Technik absoff. Das war sozusagen die begrüßung im neuen Radiohaus. Kurz vor Silvester war die havarie-Regie aber off air und ich konnte deshalb da drin fotografieren. Die Pegelanzeige ist mit Audio eigentlich blassgrün und oben gelb und rot, soweit ich mich erinnere.

    Nur bei heftigem Überpegel blitzte eine blaue Lampe "Pegel" am Infoscreen im Studio. Bei Telefon-Einspielungen hatte man sich alsbald dran gewöhnt, die immer blitzen zu lassen - nur so kam man auf angemessene Lautheit im Mix.

    Auf dem digitalen Weg (ADR) war das Programm immer sauber, auf dem Hörfunktransponder ab IFA 2005 erst nach 14 Tagen. Anfangs lief das UKW-Processing und dazu eine Deemphasis, zu der es keine Preemphais gab - mulmiger wummernder Dumpf-Sound. Nach einer Woche und Hörerprotesten fand man die Deemphasis (immerhin schon so zügig...), dann klang es nur noch so kaputt wie UKW. Nach einer weiteren Woche mit Hörerprotesten wurden alle RBB-Wellen 1:1 sauber auf DVB aufgeschaltet. Dieses Paradies währte bis Sommer 2011. Dann ist irgendwas mysteriöses passiert, denn alle Beteiligten mauerten, tauchten ab oder gingen in den Angriffsmodus, wenns auf dieses Thema kommt.

    Diese Befürchtung teile ich komplett. Mir sind sogar Fälle bekannt, wo Leute einst Winamp-Plugins installiert haben, um den kaputten Müllsound zu simulieren, weil ihre Tonträger nicht "fett" genug klängen. Im Zeitalter von Beschallung mit Smartphones und Youtube wundert einen sowieso nichts mehr. Ins (klassische) Akustik-Konzert geht auch fast niemand mehr, zumindest fast niemand aus der jüngeren Generation. Nur dort kann man aber Hören lernen, mit elektronischer Musik kann man es nicht. Früher wurden die Tonmenschen des Rundfunks der DDR regelmäßig ins klassische Konzert "gezwungen", damit sie das natürliche Hören nicht verlernen.

    Die mageren Bitraten, die auf DAB teils gefahren werden (nun nicht gerade beim BR, der ist da noch weitgehend vorbildlich, nur Bayern 2 hätte ich 144 kbps LC-AAC gegönnt) gehen ja in die gleiche Richtung: billiger Soundmüll fürs Volk (inhaltlich und technisch).
     
    Zuletzt bearbeitet: 28. November 2016
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  9. Mogwai

    Mogwai Silber Member

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    @Radiowaves: Du hast hier erneut umfangreiche Infos und fundiertes Wissen eingebracht und deshalb will ich einige deiner Punkte ergänzen bzw. meine Sicht dazu darstellen. Ich kann nicht, wie Du, mit Technik-Wissen glänzen, habe aber von 1985 - 2001 beim privaten Rundfunk gearbeitet. Mit dem Auftauchen der ersten Privatradios begann eine Entwicklung, die massiv zum heutigen Stand der Dinge geführt hat. Ich blicke also mal zurück:
    Nach einer dilettantischen Privatradio-Phase in den 80ern, merkte man recht schnell, dass dem ÖR-Rundfunk mit "hausbackenen" Programmen kaum Hörer entlockt werden können. Berater wurden engagiert. Diese Profis aus USA oder Holland brachten sehr schnell ihr Erfolgsrezept ein: Formatierung.
    Zielgruppengerecht (ja sogar nach "Dayparts") wurden Musiktitel in eine Rotation gebracht. Moderatoren erlernten
    Element-Breaks und den sog. Ramp Talk (= Besprechen des instrumentalen Anfangsteils eines Titels). Jingles führten z.B. von
    langsamen Musik-Titeln zu "Hot-Songs". Power-Rotation wurde eingeführt (ausgewählte aktuelle Hits, die mehrfach am Tag liefen etc.).
    Der Programmfluss war ein Ziel. Keine Ecken und Kanten mehr. Dieser Fluss sollte Hörer davon abbringen, auf ein anderes Programm
    zu schalten. Einige Perversionen gefällig? Bitteschön: Wenn ein Titel etwas zu langsam erschien, dann wurde er einfach etwas "gespeedet".
    Ein Oldie enthielt z.B. ein etwas zu langes Gitarren-Solo - das wurde einfach rausgeschnitten. Der Privatradio-Markt wurde immer größer und so gab es schnell erfolgreiche Radio Consulting Unternehmen. Durch die kamen dann Optimod, bewährte Selbstfahrer-Mischpulte aus den USA und - ja, ich war auch erstaunt - das Electrovoice RE 20 (in Musikerkreisen eher für eine Nutzung z.B. bei Saxophon oder Schlagzeug üblich). Den Einsatz begründete mir der amerikanische Berater damals damit, dass Stimmen dadurch einen kräftigeren und wärmeren Klang bekämen.
    Unser hervorragender Tontechniker hat übrigens die RE 20 dann recht schnell wieder in die Original-Verpackungen gesteckt und sich mit
    einer Sondergenehmigung der Geschäftsführung AKG und Neumann Mikros für die Produktion besorgt. Dieser Ignorant bezeichnete
    den warmen Sound des RE 20 als mulmig, ja sogar als ungeeignet. Der treue Consulter sorgte aber bald dafür, dass dieser Quertreiber entlassen wurde. Wie überhaupt Einwände gegen die Formatierungs-Philosophie für das Beschäftigungsverhältnis gefährlich werden konnten.

    Nun, ich will mich aber nicht in Details verlieren und nun die Entwicklung in der Folge kompakt darstellen. Was man fast schon ahnen konnte geschah: Die formatierten Programme kamen an. Der Berater mit der USA-Erfahrung hatte es ja bei einem Redaktions-Meeting prophezeit: "Wir werden Scheiße so gut verpacken, dass die Leute sie gut finden werden!"
    Umfrageergebnisse von z.B. Infratest attestierten in einigen Sendegebieten gar die Marktführung. Wie eine Pest ging die Formatierung
    nun durch das ganze Land. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Unter dem Quoten-Druck durch die Privatradios holte man sich bei den ÖR ebenfalls Berater und Consulting Unternehmen ins Haus (oft die gleichen, welche die private Konkurrenz aufgebaut hatten).
    Heute hat man so große Probleme die sog. ÖR-Popwellen von den landesweiten Privatradios zu unterscheiden. Sogar die doof-dämliche
    Moderationsart ist gleich. Gewinnspiele, Höreraktionen und nur das Beste aus den 80ern und die Hits von heute. Schon beim Schreiben bekomme ich Zuckungen. Es geht um Stundenreichweiten, Nettoreichweiten, weitester Hörerkreis und Marktanteil.

    Bei all diesem Quotendenken haben wohl einige ÖR-Anstalten vergessen, neue und andere Programmkonzepte zu entwickeln. Oder
    grobe Ideen davon dümpelten so dahin (Bestes Beispiel: Das sog. Jugendradio des BR. Über Jahre lieblos schön im Hintergrund gehalten.
    Insider sagten mir, es gäbe gar Befürchtungen, der Popwelle BR 3 könnten durch das junge Programm Hörer abgezogen werden.)

    Ja, Radiowaves, da magst du über die Sound-Verstümmelung von Radio 1 sehr verärgert sein, aber lebe mal mit dem UKW-Angebot
    hier in Nordbayern. Landesweite Privat-Verblödung, die auch aus Thüringen und Sachsen noch einstrahlt und ein BR, der allenfalls
    mit seinen Nachrichten und Kulturprogrammen noch genießbar ist. Tatsächlich ist da so etwas wie Radio 1 vom RBB für mich eine Offenbarung. Einige der Moderatoren im Abend-/Nachtprogramm haben z.B. nicht gerade tolle Radio-Stimmen. Sie machen aber ausgezeichnete Specials/Sendungen. Ja, so etwas ist möglich! Ich ärgere mich übrigens beim Heimempfang schon lange nicht mehr über das doofe Angebot hier. Im Garten stehen mehrere Sat-Spiegel und bringen mir Lieblingsradios aus ganz Europa. FM 4 aus Österreich und mein absolutes Lieblingsradio BBC 6 Music (das ist fast schon unerträglich gut :)).Es klingt übrigens auch richtig gut.
     
    Winterkönig und Radiowaves gefällt das.
  10. Radiowaves

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    @Mogwai: Herzlichen Dank für diese tiefen und wirklich erschütternden Einblicke! Letztlich war mir vieles von dem schon klar, denn auch manche Privaten kannten eine Zeit mit Kreativität und Lust auf richtiges Radio. Man erinnere sich nur an die irre Truppe, die FFN in den ersten Jahren zum Kult gemacht hat. So etwas gab es gewiss auch in anderen Regionen, wenn vielleicht auch nicht so kultig.

    Anfang der 90er Jahre wurde es dann aber zunehmend so, wie Du es hier aus erster Hand schilderst. Das war dann ja auch die Zeit, als im Osten die Privaten kamen und vor allen dortigen Privaten der "privateste" von allen: MDR Life. Ein stocksteifes Formatradio unterster Schublade, den dann Monate später startenden Privaten um Jahre voraus in Sachen Berechenbarkeit und Belanglosigkeit des Programms. Da hat die ARD (hier der MDR) maßgeblich die Entwicklung beschleunigt.

    Die von Dir geschilderten Maßnahmen erinnern mich erschütternd an das, was etwa ab November 1993 auch auf MDR Sputnik passierte, zeitlich korrelierte es mit dem Umzug des Programms von Berlin (technikergefahrenes Programm aus dem alten DDR-Funkhaus) nach Halle (Selbstfahrstudio mit völlig überfrachtetem Acousta-Pult). Da wurde Privatfunk-Standard trainiert, Trainerin war damals sogar eine Frau, die vom Privatfunk kam, zum Privatfunk ging und sich auch wohl nur beim Privatfunk wirklich wohlfühlt. Ramp-Talk mußte gelernt werden, die Playlists, die damals noch händisch von CD zu fahren waren (obwohl man sich als "erstes Digitalstudio" feiern ließ, aber das Acousta war ja auch ein analoges Pult, so what?), beinhalteten exakte Anweisungen, wann und wie die Titel zu starten und zu beenden waren: mit Blende oder "hart" etc.
    Das wird heute ja dank Computertechnik perfektioniert, z.B. in Form der SJM von Barth, bei der Jingles in Tempo und Rhythmus an die vorherige und die nachfolgende Musik angepasst werden können: Studioeinrichtung von R. Barth Elektronik und Akustik in Hamburg
    PR&E Radiomixer? Die Studios begannen sich damals dann auch irgendwann auffällig zu gleichen. FFN hatte aber im ersten Studio sogar noch "amtliche" deutsche Technik, die hatten sich einen Selbstfahrplatz aus Neumann-Modulen mit W440sta-Reglern bauen lassen. Sah sehr sachlich und edel aus. Entscheidend war ja aber, was hinten rauskam, und da spielte FFN anfangs ja beim Kult-Faktor ganz vorne mit.
    ...was ja nun keinesfalls passiert. Man klingt nur nasal-topfig und braucht saugute Vorverstärker, das sollte aber bei Studiotechnik kein Problem darstellen. "Kräftig und wärmer" hätte ein etwas näher besprochenes Großmembran-Kondensator-Mikrofon gebracht. Aber das erfordert auch bessere Raumakustik und das war in einer Selbstfahrbude mit Cartmaschinen, teils Bandmaschinen (Werbung, Beiträge) schon schwieriger zu realisieren.

    Das traurigste Foto, das mir in diesem Zusammenhang einfällt, stammt aus dem Funkhaus Berlin-Nalepastraße, Block E-T, geplant und erbaut Anfang der 1960er Jahre, ausgelegt für Kondensatormikrofone in großem Sprechabstand (ca. 30-40 cm), das brachte den berühmten schlanken, "sachlich-distanzierten" amtlichen Radiosound, den wir heute teils noch beim DLF hören können. In einem dieser Studios war bis Ende 1991 der Berliner Rundfunk als Programm des Rundfunks der DDR zu Hause und sendete von dort nahtlos weiter ab 1992 als Privatsender. Erst später (Karfreitag / Ostersonnabend 1993, soweit ich mich erinnere) zog man in die ersten eigenen Räumlichkeiten. Zu Zeiten des Sendebetriebs als Privatfunk aus der Nalepastraße ist dieses kleine Foto erhalten geblieben mit Jürgen Karney:

    [​IMG]
    (Foto von www. zeitreisen-nalepafunk.com)

    Man ahnt schon die akustische Qualität dieses Raumes (alle Wände sind als definierte Absorber für unterschiedliche Frequenzbereiche ausgelegt, die Bauunterlagen sowie die Diagramme der Akustikmessungen liegen mir als Kopie vor), und dann hat man den alten Sprechertisch rausgenommen und durch diesen Selbstfahrplatz ersetzt, natürlich auch mit RE20. Damit wars das dann auch mit dem guten Klang aus diesem Studio. Nebenan lief damals noch ORB Radio Brandenburg mit anständiger Technik (vermutlich bis zuletzt noch über die DDR-Anlage).
    Dieses Elend kenne ich aus völlig anderen Branchen auch: die, die fachlich am kompetentesten sind und für das Unternehmen eigentlich ein Segen wären, werden alsbald "diszipliniert" und solange gedemütigt, bis sie von selbst kündigen bzw. wenn das nicht gewünscht zeitnah geschieht, wird ihnen gekündigt. Das war bei meinem letzten Arbeitgeber in der Industrie auch so: unsere 4 besten sind von selbst gegangen, weil sie merkten, daß hier kein Platz für sie ist. Aus dem Rundfunkbereich ist mir ein innerlich offenbar gebrochener einstiger Hörfunk-Cheftechniker bekannt und ein weiterer Techniker, der dann krankheitsbedingt dauerhaft ausfiel.
    So läuft ja leider fast das ganze Land. Meine Konsequenz daraus ist weitgehender Rückzug, am liebsten in unberührte Natur. Auf Dauer geht das aber nicht als einziges, von irgendwas muß man ja auch leben. Und dann kommt wieder das eklige Thema mit der Arbeit, die heute so selten sinnvoll und so oft Prostitution ist. Zumindest in meinem Fachgebiet, wo man fast schon froh sein kann, nur Unsinniges tun zu müssen und nicht sogar Schädliches.
    Derzeit ruinieren sie gerade das einst stolze hr3 restlos. Mit sind Details bekannt, die eigentlich in die Öffentlichkeit müssten, aber da sowieso niemanden interessieren würden und nur zur Gefahr würden für Informanten. Da wären z.B. die Abwerbung eines Moderators vom privaten "Konkurrenten" (man versteht bei den Öffis ja die Privaten als "Konkurrenz" und nicht als völlig andere Art, Rundfunk zu machen) nebst damit verbundener großer Kampagne und das alsbaldige Ausscheiden nebst Rückkehr des Mannes zum Privatfunk - wieviel das gekostet hat, möchte man besser gar nicht wissen. Nur ein Beispiel wie Rundfunkgebühren sinnlos versenkt werden, statt damit relevantes Programm zu machen.
    Das halte ich für weniger zu befürchten. Zu befürchten ist eher was anderes: wenn PULS, um das es hier geht, 2018 auf die UKW-Kette von BR Klassik kommt, dürfte kaum zu erwarten sein, daß es dann seine noch vorhandenen Ecken und Kanten und seine etwas vielfältigere Musikauswahl behalten darf. Auf UKW müssen Popwellen heute ja letztlich das tun, was Prostituierte auf dem Straßenstrich tun: sich prostituieren. Ich halte es für naiv zu glauben, PULS bliebe dann noch anhörenswert. Dafür hat der BR dann 3 große UKW-Ketten mit Unterhaltungsprogrammen, ggf. wird Bayern 2 noch dadurch ruiniert, daß es Programmbestandteile von BR Klassik übernehmen muß und BR Klassik wird man irgendwann wohl komplett als lineares Radio beerdigen (meine Befürchtung) und als Download- und Streaming-Plattform ausschließlich im Netz existieren. Und da sind wir wieder beim Thema des Threads: BR und DAB. 2018 also BR Klassik nicht mehr auf UKW, sondern nur noch auf DAB. Ich halte es für einen Skandal und ein Zeichen kultureller Verrohung. Bizarr ist es außerdem: ausgerechnet die "Jungen", die angeblich "digital natives" sind, muß man auf UKW erreichen?
    Die Nordbayrische Lokalradiolandschaft kenne ich nicht, aber als Thüringer kenne ich das Elend, das aus Mitteldeutschland HF-technisch herausdiffundiert. Nichtmal MDR Kultur halte ich für weitgehend genießbar, zu oft blubbert da für mich nur belangloses dahin. Jump ist Dreck, die Privaten sind auch durchgehend Dreck und die einstigen MDR-1-Heimatwellen lange schon nur noch Dudel. Einzige Abwechslung ist, daß sie alle paar Jahre mal den Wanderpokal für das beschissenste Soundprocessing weiterreichen. Erst hatte ihn MDR 1 Sachsen, nach deren Studio-Modernisierung regelten sie etwas zurück und MDR Thüringen übernahm den Pokal mit rotzig-zerrigem Processing. Mein Vater (nun 82, schwerhörig) konnte die Nachrichten nicht mehr verfolgen und bezichtigte das Küchenradio (DDR, voluminöser Klang) des Defektes. Nein, es war nur das Processing von MDR Thüringen. Ich habe auf DLF umgestellt, Problem gelöst und auch gleich ordentliche Nachrichten. Inzwischen steht der Pokal offenbar in Madgeburg. Kaputter klingt beim MDR keiner.
    Ich liebe Bayern 2 und hoffe, es möge als Gesamtkonzept noch lange Bestand haben. Wenn ich die UKW-Programme unserer Ostthüringer Kabelanlage überprüfe, bleibe ich sehr oft beim Durchschalten bei Bayern 2 hängen, muß die laufende Sendung zuende hören und dann, da Anfang verpasst, als Mitschnitt oder Podcast beschaffen. Ich archiviere Sendungen wie diese z.B. sogar bei mir. Sowas bekomme ich weder beim MDR noch beim RBB. Auch nicht bei Radio Eins, wo offenbar tagsüber Hauptbotschaft ist, daß Berliner Szenekiezbewohner intelligenter, cooler und besser als der Rest der Welt sind - dabei ists auch nur Lifestyle-Huldigung und Kapitalismus pur, mit Dauer-Selbstbeweihräucherung ("nur für Erwachsene") und ätzend viel Werbung.

    Das Vorgängerprogramm ORB Radio Brandenburg war hingegen ein wirklich intelligentes Kulturprogramm. Leider konnte ich davon nur wenige Aufzeichnungen hören, ich lebte damals nicht im Sendegebiet und andere Verbreitungswege als UKW gab es noch nicht. Mir ist sogar jemand bekannt, der wegen Radio Brandenburg von Thüringen nach Berlin zog - und nach Ende des Programms tief resigniert zurück.
    Stimmt! Eine der markantesten Stimmen gehörte Peter Radszuhn, Musikchef bei Radio Eins. Peter verstarb völlig überraschend vor 2 Jahren, was für ein Verlust! Absolut kompetent war er, er hatte viele Bands von Anfang an begleitet, hatte sie in der Mauerstadt in irgendwelchen Hallen oder besetzten Häusern spielen sehen, kannte David Bowie (mit dem er sich nun sicher ab und an treffen wird). Die "nicht-gerade tollen Radio-Stimmen" kommen teils aber auch vom abartigen Processing. Wenn man wie ich einst teils Zugang zur unbearbeiteten Version aus dem RBB-internen Mitschnittsystem hatte, fällt das richtig heftig auf. Nein, klebrige Lippenverschluß- und Speichelflussgeräusche kommen in der sauberen Version nicht vor...
    BBC bekomme ich weder in Berlin noch in Thüringen, seit sie ihren Spotbeam haben. Was ich vielleicht noch empfehlen kann, sind einige Sendungen spätabends oder nachts auf NDR info. Da sind noch gute Leute, die auch ans Mikrofon dürfen. Paul Baskerville beispielsweise, der sendet immer noch Sonntags 0:05 - 2:00 Uhr, ich habe ihn dort auch schon live Pannen fahren gehört, er tut sich das also zumindest teilweise an, dort um diese Zeit am Mikrofon zu stehen statt aufzuzeichnen. Der "Vater" der NDR-Popkultur-Kompetenz ist aber auch kürzlich verstorben: Klaus Wellershaus.
     
    hans-hase und Mogwai gefällt das.