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Alte Rechtschreibung kehrt zurück in Zeitungen

Dieses Thema im Forum "Small Talk" wurde erstellt von Koelli, 6. August 2004.

  1. Gag Halfrunt

    Gag Halfrunt Lexikon

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    AW: Alte Rechtschreibung kehrt zurück in Zeitungen

    Stand das wirklich so in der Zeitung? Dann tut das echt weh... Denn nach der alten Rechtschreibung hieß es auch schon "Pappplakat". :rolleyes:

    Ansonsten finde ich, ist mittlerweile alles gesagt. Wie bei Christiansen ist auch hier kein fundamentales Argument bisher gefallen, weshalb man die Reform rückgängig machen sollte.

    Es kommen laufend nur Sprüche, die mich eher an ein bockiges Kind erinnern...

    Man bekommt "Augenkrebs", es "brennt in den Augen", es sei "falsch", usw. Echte Argumente? Bisher Fehlanzeige. Genauso wie gestern in der Sendung. Da wurde von den Gegnen allenfalls polemisiert, statt sich mal sachlich damit auseinander zu setzen. Die einzigen, die wirklich Argumente geliefert hatten, waren der Chef von Cornielsen, diese Kultusministerin und der Leiter der Sprachkommission.
    Rüttgers hat allerbestes Politiker-Gewäsch gelabert. Geil fand ich einfach nur die Antwort von dem Schulbuch-Menschen auf sein Gelaber, wer denn die Reform beschlossen hätte: Die Ministerpräsidenten. Volltreffer ;)
    Der alte Mann neben der Christiansen hat nur polemische Sprüche abgelassen und der dieser dauergrinsende Chefred von der BamS hat ja seine Zeitung perfekt vertreten.

    Bravo, besser hätten sich diese Reformgegner kaum selber disqualifizieren können. Und Bertel & Co. machen sich hier im Forum auch nicht schlecht... :D

    Gag
     
  2. Bertel

    Bertel Silber Member

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    AW: Alte Rechtschreibung kehrt zurück in Zeitungen

    Natüüüürlich, die drei Stooges, die Deiner Meinung waren, haben a-b-s-o-l-u-t recht, und die dummen anderen haben nur polemisiert ... :rolleyes:

    Hochmut kommt vor dem Fall, Gag ...

    Und Deine Überheblichkeit macht mich nur noch fester in meiner Überzeugung ...

    Wenn man nämlich Argumente ignoriert und ständig nur dumme Fragen wiederholt, macht man sich nicht wirklich sympathisch.


    Ach, und zu Deinem Papp-Plakat ...

    Was ist daran schwer?

    Im übrigen heißt es dürfen -> es waren seit 1902 beide Schreibweisen richtig, Pappplakat und Papplakat.
     
    Zuletzt bearbeitet: 9. August 2004
  3. sdl

    sdl Silber Member

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    AW: Alte Rechtschreibung kehrt zurück in Zeitungen

    Sorry Gag, irgendwie scheine ich es mit dir zu haben :D Ich greif mal wieder deine Anmerkungen auf.

    [​IMG] Also soweit ich weiß gab es da mal eine Regel die hieß nie 3 Konsonanten hintereinander.

    <edit> Sorry, hat Bertel schon beantwortet die Frage. Zu spät gesehen </edit>

    Richtig. Vollkommende Verwirrung der Schüler durch noch 3 Reformkorrekturen, Verkomplizierung der Sprache, unlogische Regeln usw. mag der Reformbefürworter natürlich nicht als fundamentale Argumente bezeichnen.

    Sei doch bitte mal so gütig und erkläre mir nochmal logischen Ableitungen. Einbleuen schreibt man doch seit neuersten mit ä, weil dies angeblich von ... blau kommt? :confused: Was hat blau mit der Vermittlung von Wissen zu tun? Oder kann man nach den neuen Regeln nur im Vollsuff etwas lernen? :D

    Ich habe langsam den Eindruck als ließen sich hier einige nicht überzeugen, da die Fronten zu sehr verhärtet sind.

    Die Masche mit "Alles wird durch die Reform einfacher" zieht aber auch nicht mehr. Das gegenteilige ist der Fall. Oder wie war das noch gleich mit den "selbst ernannte Experten"? Sind das nun "selbsternannte", also Experten, die sich selber ernannt haben, oder heißt der Satz dann sinngemäß, daß selbst die Experten, die man ernannt hat balh blah blah.
    (Stand mal hier im Forum, bin nur im moment zu faul zum suchen)


    Habe jetzt die Sendung leider nicht gesehen. Aber die Kultusminister sind doch diejenigen, die am meisten zu verlieren haben. Kann schon verstehen, daß die auf die Barrikaden gehen.

    Da hat er im Prinzip recht. Die Ministerpräsidenten sind die Chefs der Kultusminister. Hätten die MP die KM gefeuert, wäre ruhe gewesen. :D

    ---

    Vollkommen richtig. Warum wohl sonst haben die Kultusminister die Reform nicht in den Bundestag eingebracht oder gar zur bundesweiten Volksabstimmung freigegeben? (Jetzt bitte keine Antworten a la "das gibt's doch gar nicht. Ich weiß das)
    Die wußten ganz genau, daß keiner von beiden da zugestimmt hätte. Das ganze wurde knallhart durchgedrückt, auf den Rücken unserer Kinder.

    Manchmal frage ich mich echt, was die Herren Kultusminister so den ganzen Tag treiben. Ist denen 9live zu langweilig? RTL zu primitiv? Wollen die einen größeren Kick, Marke "Laßt uns mal die deutsche Orthographie versa*en, Chaos stiften usw.? Und nach 8 Jahren schaun mer mal wie es sich verhält und dann können wir ja immer noch nachbessern, nur für den Fall, daß es noch Leute gibt, die bei dem Regelchaos nocht durchblicken.
    Diese Reform zeugt also nicht gerade von hoher intellektueller Leistung. Daß jetzt nachgebessert werden sollte ist doch der beste Beweis dafür. Aber wahrscheinlich muß ich mich erst an diese Microsoftarbeitsweise gewöhnen, daß man immer alles patchen kann. :D Ich jedenfalls liefere immer solide Arbeit, und das ist auch das, was ein Kunde von mir erwarten kann. Leider ist das bei Politikern und Managern nicht (immer) der Fall. Erst Stellen abbauen, Firma in den Ruin treiben und danach Millionenabfindungen kassieren. Kein Wunder, daß es stetig bergab geht, wenn wir so eine Arbeitsweise zugrundelegen. :mad:
     
    Zuletzt bearbeitet: 9. August 2004
  4. Satikus

    Satikus Guest

    AW: Alte Rechtschreibung kehrt zurück in Zeitungen

    Die alte Rechtschreibung war doch gut. Die machen doch eh was die wollen.
    Das dauert nicht mehr lange das knallt es in Deustchland!:w&uuml;t:
     
  5. Tassenboden

    Tassenboden Gold Member

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    AW: Alte Rechtschreibung kehrt zurück in Zeitungen

    Seit ca 14 Jahre leben die Ossis in einer anderen Gesellschaftsform mit vielen neuen
    "Spielregeln".
    Und die Jungs halten nicht mal 6 Jahre mit geänderten Rechtschreibregeln aus.
    Hilfe.
     
    Zuletzt bearbeitet: 10. August 2004
  6. Gag Halfrunt

    Gag Halfrunt Lexikon

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    AW: Alte Rechtschreibung kehrt zurück in Zeitungen

    Was wiederum meine Aussage bestätigt, dass viele, die jetzt die Klappe weit aufreißen, von der alten Schreibweise keine Ahnung haben.
    1. Was ist an der ß-Regel unlogisch?
    2. Was ist an neuen Regel mit der Konsonantenhäufung unlogisch?
    3. Was ist an der Trennregelung unlogisch?
    4. Was ist an der Groß-Kleinschreibung unlogisch?
    5. Bisher gab es keine Regel für die Getrenntschreibung. Die Reformer haben nun versucht, die Fälle in Regeln zu fassen, damit man sie zuverlässig herleiten kann. Ich bin kein Freund dieser Regeln. Aber vorher gab es schlichtweg keine.
    Da muss ich Dich enttäuschen. Das ist schon vor der Rechtschreibreform so in die Wörterbücher gerutscht. Warum, kann ich Dir auch nicht sagen.
    Mein etymologisches Wörterbuch lässt sich dazu folgendermaßen aus:

    "bleuen (ugs. für schlagen: Das vom Sprachgefühl irrigerweise meist zu blau' gestellte Verb, zu dem verbleuen verprügeln und einbleuen [durch Schläge] beibringen gehören, hat mit blauen' Flecken nichts zu tun. Es handelt sich vielmehr um ein germ. Verb mhd. bliuwen, ahd. bliuwan schlagen, got. bliggwan schlagen, prügeln, niederl. blouwen Flachs brechen, die Arme umeinanderschlagen, um warm zu werden. Die außergerm. Beziehungen dieses Verbs sind unklar. - Abl.: Bleuel veraltet für: hölzerner [Wäsche]schlegel (mhd. bliuwel, ahd. bliuwil), dazu mit hyperkorrektem p Pleuel, Pleuelstange Schub- oder Kolbenstange bei Motoren und Dampfmaschinen (19. Jh.). "

    Ich finde, das ist ein gutes Beispiel dafür, was passiert, wenn man die Rechtschreibung wie bisher verschiedenen Wörterbuchverlagen überlässt.

    Der Leiter der Kommission hat es doch klar gesagt: Noch nie gab es eine so hohe Übereinstimmung zwischen den Wörterbüchern als nach der Reform. Früher haben die alle ihre eigene Rechtschreibung gemacht.

    Japp. Das sehe ich genauso. Zugegeben, von Dir kommen jetzt endlich mal ein paar annähernd greifende Argumente. Aber wie wäre es, wenn Du sie wenigstens untermauertest?

    Ne, lustigerweise waren es die anderen, die auf die "Barrikaden" gegangen sind.

    Du hättest Dir die Sendung ansehen müssen, dann hättest Du einige Antworten darauf erhalten, warum es notwenig geworden ist, da mittels der Kultusministerkonferenz einzuschreiten:

    In der Rechtschreibung entwickelte sich seit der letzten Reform 1901 ein Wildwuchs. Die Lexikonverlage -- allen voran der DUDEN -- haben nach und nach immer wieder ihre eigenen Regeln erfunden. Die Getrenntschreibung war z.B. völlig willkürlich. Um diesem Wildwuchs ein Ende zu setzen, wollte man wieder zurück zu einem verbindlichen Regelwerk. Und weil eben 1901 sich der Staat in die Regelfindung eingemischt hat, musste auch diesmal der Staat eingreifen. Der hat übrigens mit der Reform beschlossen, einen Rat zu bilden, der sich um die künftige Sprachentwicklung zu kümmern hätte. Soll heißen: Die Reform ist nur der Grundstein.

    Des weiteren war in der Sendung zu erfahren, dass sie auch mit radikaleren Einschnitten experimentiert hatten -- z.B. die Abschaffung der Groß-Schreibung, wie es manche Umschalttastenmuffel hier ja auch fordern. Das wurde aber von der Bevölkerung noch stärker abgelehnt.

    Gag
     
  7. SchwarzerLord

    SchwarzerLord Wasserfall

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    AW: Alte Rechtschreibung kehrt zurück in Zeitungen

    Speziell für unseren Deformbefürworter Gag einige Zeilen:


    Falsche Argumente für eine falsche Reform

    Pro & Contra Umkehr [​IMG]

    Folgende Aussagen konnte man in der Auseinandersetzung um die "Rechtschreibreform" immer wieder hören und lesen; sie lassen sich in zwei Klassen einteilen: einerseits gesellschaftspolitische und andererseits sachliche (sprachwissenschaftliche) Thesen, die jeweils anschließend zurechtgerückt werden:

    1. Ob die Rechtschreibung geändert wird oder nicht, interessiert mich schlicht nicht ...
    • Wer privat und beruflich nicht viel schreibt und liest, ist in der Tat wenig von der "Rechtschreibreform" betroffen. Orthographie ist dann ein Problem "der anderen", ein Problem, das man einst als Schüler(in) hatte, von dem man aber jetzt nichts mehr wissen will.
    • Dieselbe gleichgültige Haltung findet sich in vielen weiteren Bereichen, die die Privatsphäre nicht unmittelbar berühren – und macht es den Regierenden leicht, Projekte undemokratisch durchzusetzen und von der "schweigenden Mehrheit" zu sprechen, die ihnen angeblich zustimmt.
    2. Es gibt viel wichtigere Probleme, also finde ich mich mit der Reform ab.

    Wichtigere Aufgaben gibt es immer. Das ist aber kein Grund, unwichtigere wie die Schlechtschreibung unter den Teppich zu kehren.

    Außerdem hat der Eingriff des Staates ganz grundsätzliche Bedeutung:
    • Darf ein Staat seinen Bürgern verordnen, daß bestimmte ihrer schriftlichen Äußerungen plötzlich eine andere Bedeutung haben sollen ("Leid tun", "nichts sagend", "wohl bekannt" etc.) und ihre Gedanken plötzlich anders schriftlich zum Ausdruck gebracht werden sollen als zuvor? Wer die eigenen und die Menschenrechte anderer achtet, sagt: nein!
    • Darf ein Staat den erklärten und eindeutigen Willen seiner Bürger mißachten – auch wenn sich diese Bürger wie in Schleswig-Holstein in einem Referendum gegen ein staatliches Vorhaben entschieden haben? Wer diesen arroganten Machtanspruch des Staates verteidigt, darf sich nicht wundern, wenn sich der nächste staatliche Übergriff gegen ihn selbst und seine eigenen Ziele richtet.
    • Menschen haben unterschiedliche Prioritäten, nehmen je nach Erziehung und Erfahrungen Probleme unterschiedlich wahr. Nicht wenige setzen sogar radikal ihre eigenen Wertvorstellungen absolut und die Überzeugungen anderer dadurch herab:
      • Kinderschützer empören sich lautstark über Tierschützer, die sich "besser um das millionenfache Elend unserer Kinder als um ein paar Straßenköter kümmern sollten";
      • Tierschützer wenden sich kompromißlos vom Egoismus und Unrecht menschlicher Gesellschaft ab und ihrer Hauskatze zu, auch wenn diese geschützte Vögel wildert;
      • Vogelschützer protestieren entrüstet gegen jede Baumfällaktion, selbst wenn sie einen neuen, wertvolleren Biotoptyp für bodenbewohnende Kleinlebewesen schafft;
      • Manche Gartenbesitzer möchten am liebsten alle Wildflora vernichten, "damit das Laub nicht den Plattenweg verschmutzt und der Garten nicht verwildert";
      • und einige Realisten haben erkannt, daß "es Wichtigeres auf der Welt gibt als ein paar verwilderte Ecken, Tümpel und überfahrene Kröten! Angesichts der großen Arbeitslosigkeit, der Strukturschwäche der Wirtschaft, der globalen Herausforderungen etc. können wir auf die unverantwortlichen Forderungen einiger Öko-Spinner keine Rücksicht nehmen ..."
      • Diese Liste läßt sich problemlos fortsetzen – z. B. durch jene "Problemlöser", die glauben, durch Verachtung von Sprachschützern schon etwas für ihre eigene, so viel wichtigere Sache gewonnen zu haben. Der Staat nimmt diese Primitivität dankend zur Kenntnis.
    • "Das eine tun, aber das andere nicht lassen" – dieser Spruch gilt auch für den Widerstand gegen die sprachliche Bevormundung der Bürger durch den Staat.
    3. Die Reform ist gesetzlich vorgeschrieben, also muß man sich danach richten – die Gerichte haben die Rechtmäßigkeit der Reform bestätigt.

    • Das ist objektiv falsch und beweist nur den vorauseilenden Untertanengehorsam: Ein Gesetz hat es für die Rechtschreibreform gar nicht gegeben, das Bundesverfassungsgericht hat die Einführung der reformierten Schulschreibung auf dem Erlaßwege (!) zwar für rechtmäßig erklärt.
    • Vorgeschrieben ist die neue Amtsschreibung aber einzig und allein für den Bereich der Schulen; in allen anderen öffentlichen Bereichen konnte sie aus rechtlichen Gründen nur als Sollbestimmung eingeführt werden, an die sich Beamte und Angestellte des Öffentlichen Dienstes halten können, aber nicht müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich in seinem oft erwähnten, aber selten genau zitierten Urteil vom 14.07.1998 auf Seite 59 wörtlich festgestellt:
      Soweit dieser Regelung rechtliche Verbindlichkeit zukommt, ist diese auf den Bereich der Schulen beschränkt. Personen außerhalb dieses Bereichs sind rechtlich nicht gehalten, die neuen Rechtschreibregeln zu beachten und die reformierte Schreibung zu verwenden. Sie sind vielmehr frei, wie bisher zu schreiben. Auch durch die faktische Breitenwirkung, die die Reform voraussichtlich entfaltet, werden sie daran nicht gehindert.​
    • Erklärungen der Innenministerien oder Stadtoberhäupter, die Verwaltungen hätten die neue Schreibung übernommen, haben also keinerlei rechtlich verbindlichen Charakter und stimmen faktisch nur insofern, als tatsächlich viele Beamte und Angestellte aus Furcht vor (grundgesetzwidrigen) Unannehmlichkeiten oder gar in naivem Fortschrittsglauben auf Reformdeutsch umgestellt haben.
      In der Stadtverwaltung Düsseldorf etwa schrieb eine Projektgruppe "Neue Rechtschreibregeln" ihren Mitarbeitern 1999 zum Beschluß der Innenminister von Bund und Ländern: "Persönlich mag man dazu stehen wie man will – als Behörde sind wir an die Vorgaben gebunden. Deshalb gilt auch bei der Stadtverwaltung Düsseldorf: Im dienstlichen Schriftverkehr soll ab 1. Januar 2000 die Rechtschreibreform angewendet werden. Dies bezieht sich nicht nur auf Briefe, sondern auf alle schriftlichen Äußerungen – von Niederschriften bis hin zu Veröffentlichungen."
      Während die Formulierung "sind wir an die Vorgaben gebunden" den vom Verfassungsgericht gesetzten Rahmen überschreitet, verweist das "soll ab 1. Januar 2000" wieder auf die Sollvorschrift, die maximal gesetzt werden kann. Der von diesen Zeilen ausgehende psychologische Druck ist aber unverkennbar und verfehlt seine Wirkung nicht.
    • Ob neben den Schulen als Institutionen auch der einzelne Lehrer zur Unterrichtung der "Rechtschreibreform" gezwungen werden kann, muß dennoch zumindest als offen gelten, da hier die im Grundgesetz garantierte Freiheit der Lehre und Forschung berührt ist. Das Verfassungsgericht ist auf diesen Punkt in seinem Urteil nicht einmal eingegangen! Es wäre aber ein Widerspruch, einerseits Klagen gegen grausame Tierexperimente in der universitären Ausbildung mit dem Hinweis auf den Verfassungsrang der Freiheit der Lehre abzuweisen und zugleich einen Deutschlehrer zu zwingen, jungen Menschen wider besseres Wissen falsche Schreibweisen zuzumuten (etwa die Großschreibung von Adverbien). Frühere Gerichtsentscheidungen:
    • Die bislang zur Rechtschreibreform ergangenen Urteile beschäftigten sich, wie so viele andere, nicht etwa mit der Reform selbst, also dem, was den jetzt heranwachsenden Generationen verordnet wird; vielmehr entschieden sie statt dessen jeweils unterschiedlich die Frage: Ist die von den Kultusministern der Länder 1996 beschlossene Rechtschreibreform eine "wesentliche Entscheidung" in einem "grundgesetzrelevanten Bereich"? Ist sie nämlich "wesentlich", haben bzw. hatten die Minister kein Recht, sie auf dem Erlaßwege zu regeln, dann müssen die Parlamente entscheiden.
    • Traurig ist, daß die Kritiker der Reform zu solchen Scheingefechten mit unsensiblen Machtpolitikern und Behörden gezwungen werden – schlimm ist, mit welch heuchlerischer Argumentation das Landgericht Schleswig-Holstein die Reform absegnet: Die Reform "kommt nicht rechtsverbindlich auf uns alle zu, sondern als außerrechtliches Regelwerk.", lautet der zentrale Satz, den die Eltern allerdings besser nicht wörtlich nehmen sollten; denn wer sich darauf berufen würde, müßte schnell erkennen, daß diese Reform in Wahrheit auf alle schulpflichtigen Kinder Zwang ausübt und damit indirekt auch auf die Erziehungsberechtigten. Interessant ist auch, daß sich trotz dieser angeblichen rechtlichen Unverbindlichkeit Verlage Chancen für eine Schadensersatzklage ausrechnen, falls die Reform gekippt würde – also darauf spekulieren, daß zweierlei Maß angelegt wird.
    • Daß sich übergeordnete Gerichte offenbar eher für diese Reform aussprechen, zeugt von deren ausgeprägterem staatstragendem Gehorsam: Man geht den Weg des geringsten Widerstands. Geradezu normal ist, daß sich eine Ministerin nach einem solchen für sie positiven Entscheid zufrieden äußert, als habe sie "in der Sache Recht bekommen", und allen Ernstes zur "Sachlichkeit" aufruft, obwohl sie Gehorsam meint.
    Forsetzung folgt gleich (Text zu umfangreich!) ...
     
  8. SchwarzerLord

    SchwarzerLord Wasserfall

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    AW: Alte Rechtschreibung kehrt zurück in Zeitungen

    4. Die neue Rechtschreibung ist modern, fortschrittlich, wir sollten nicht hinterherhinken.
    Nicht alles Moderne ist fortschrittlich. Viele "Neuerungen", das Doppel-s, Großschreibungen, Getrenntschreibungen und Silbentrennungen gehen auf Schreibweisen im frühen 19., 18. und 17. Jahrhundert zurück. Der natürliche Sprech- und Rechtschreibfortschritt wird also mit staatlicher Gewalt zurückgedreht. Auf fruchtbaren Boden kann die "Reform" also nur bei jenen fallen, die in Unkenntnis der deutschen Sprech- und Rechtschreibentwicklung nur von dem "Neuen" begeistert sind.
    Nach den historischen Erfahrungen ist es grundsätzlich naiv, staatlichen Verordnungen in den Bereichen der Kultur und der Wirtschaft mehr Qualität zu unterstellen als natürlichen Entwicklungen, besonders wenn die staatlichen Eingriffe überflüssig sind. Vergleiche dazu die "unsichtbare Hand" in der freien Marktwirtschaft und den gescheiterten Kommunismus.
    5. Die neue Rechtschreibung hebt künstliche Klassenunterschiede auf.
    Gerade in "linken" Kreisen wird eine Schreibreform seit langem ideologisch besetzt: Eine komplexe und differenzierte Orthographie sei "Herrschaftswissen" und somit nur privilegierten Schichten vorbehalten; die "Arbeiterklasse" werde dadurch diskriminiert. Als Folge dieser Einstellung werden aber nicht auf die angeblichen Bedürfnisse niedriger Bildungsgrade zugeschnittene, also vereinfachte Schreibweisen propagiert, sondern alles, was im vermeintlich modernen Gewande daherkommt, auch wenn es ein Sammelsurium unterschiedlichster Reformansätze und Kompromisse darstellt.
    Eine Bildungsreform kann nicht erfolgreich sein, indem sie Bildungsansprüche an eine heranwachsende Generation in Anpassung an sozial benachteiligte Schichten nach unten korrigiert. "Gleichmacherei" – wenn dieses Wort einmal gestattet ist – darf nur bedeuten, daß alle Schichten gleichermaßen an ein möglichst hohes Bildungsniveau und daher auch an eine differenzierte, präzise Schriftsprache herangeführt werden. Schließlich ist das Schreiben kein Selbstzweck, sondern für die normalerweise zahlenmäßig größere Leserschaft bestimmt.
    6. Die Kritiker haben jahrelang geschlafen und schreien erst, wenn es schon zu spät ist.
    Die "Reformer" haben ihre jeweiligen Beratungsstände jahrelang, so gut es ging, geheimgehalten und das Wörterverzeichnis zur Reform erst im Sommer 1995 veröffentlicht, was den bayerischen Kultusminister 1995 in einem Spiegel-Interview u. a. zu dem Kommentar veranlaßte: "Die breite Öffentlichkeit ist so gut wie gar nicht informiert. Deshalb werden viele erschrecken, wenn es nun zu einer Reform kommt, und zwar auch dann, wenn noch einiges geändert wird. Viele haben gar nicht mehr an eine Reform geglaubt, nachdem seit fast hundert Jahren alle Vorschläge gescheitert sind."
    Politiker wie Reformer haben unter den Kritikern – und diese machen die Mehrheit der Bevölkerung aus – nur auf eine Handvoll Schriftsteller gezeigt, die vielleicht ein paar Monate früher hätten Alarm schlagen können, aber eben in ihrer verschwindend geringen Zahl auch nicht das alleinige Sprach- oder besser: Schreibgewissen der Nation sein können. Die Rechtschreibung unserer Sprache betrifft uns alle, also hatten und haben auch alle ein Recht darauf, zuerst informiert und dann gehört zu werden.
    Konstruktive wie auch kritische Beiträge hat es sehr wohl gegeben, aus fast allen Richtungen und nicht zu knapp. Ich selbst habe schon am 20.12.1988 meinen ersten Leserbrief zum Thema in der Tagespresse veröffentlicht.
    7. Die Reform wurde von Fachleuten bzw. Linguisten erarbeitet, ist also wohl richtig.
    Den Sachverstand der Experten solle man nicht in Zweifel ziehen, heißt es, denn wer sonst solle die Rechtschreibung regeln? Ob soviel Vertrauen in ihre jeweiligen "Sachverständigen" die politischen Auftraggeber ehrt, kann angesichts der katastrophalen Ungereimtheiten dieser Reform angezweifelt werden: Wer z. B. für einige Adverbien die Großschreibung empfiehlt, kann für sich kaum linguistischen Sachverstand reklamieren. Mit ein wenig gesundem Menschenverstand wäre auch ein Kultusminister fähig gewesen, solche Schwächen zu erkennen.
    Die fachlichen Schwächen dieser länderübergreifenden "Reform" rührten zu einem nicht geringen Teil von der unentwegten und politisch gewollten Kompromißsuche: Viele Köche verderben bekanntlich den Brei – besonders, wenn sie neben ihrer eigenen auch noch die Meinung ihrer Landesherren zu vertreten haben. Die "Reform" ist deshalb meilenweit von einer inneren Logik oder besser: Konsistenz entfernt, kein einziger der beteiligten Auftragslinguisten hat sie in dieser widersprüchlichen Ausprägung vorgeschlagen, sie ist vielmehr Regel für Regel und bis hin zur Schreibung einzelner Wörter das Ergebnis Hunderter Kompromisse zwischen "Experten" und dann zwischen diesen und Politikern. Bei der "Reform" erlebt man, was passiert, wenn "wissenschaftliche" Ergebnisse durch Abstimmungen gewonnen werden.
    Unqualifiziert waren die "Experten" auch grundsätzlich. Wie für viele Berufsstände gilt auch für Sprachwissenschaftler ein Ehrenkodex: Während etwa Ärzte an den bekannten "hippokratischen Eid" gebunden und vor allem zur Vertraulichkeit und Erhaltung menschlichen Lebens verpflichtet sind, gilt für Linguisten das Gebot, Sprache so zu analysieren und beschreiben, wie sie ist. Ähnlich wie die Medizin hat auch die Linguistik einige schwarze Kapitel in der Geschichte ideologischer Auseinandersetzungen oder gar staatlicher Unterdrückung erlebt. Objektive Linguistik ist deshalb gleichbedeutend mit deskriptiver Linguistik, wie sie an gleichnamigen Lehrstühlen gelehrt wird. Wer einem Volk vorschreiben will, wie es zu sprechen und zu schreiben hat, verletzt das Ethos deskriptiver Linguistik.
    Das "Institut für Deutsche Sprache" in Mannheim hatte 1977 seine "Kommission für Rechtschreibfragen" gegründet. Schon 1987 hat es den Auftrag erhalten, Vorschläge für eine "Rechtschreibreform" zu erarbeiten. Daraus wird verständlich, daß ihre Mitglieder am Ende jahrelanger Arbeit keine Empfehlung zur Beibehaltung der konventionellen Rechtschreibung abgeben konnten, zumal etliche dieser Auftragslinguisten die Chance erhielten und wahrnahmen, sich mit dieser Reform einen Namen zu machen und lukrative Jobs bei Verlagen (z. B. Bertelsmann) anzunehmen.
    Letztlich sind allerdings alle muttersprachigen Schreiber der deutschen Sprache "sachverständig": Eine Sprache wird nicht am Schreibtisch kluger Experten konstruiert. Sie ist Allgemeingut aller Glieder des Volkes.
     
  9. SchwarzerLord

    SchwarzerLord Wasserfall

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    AW: Alte Rechtschreibung kehrt zurück in Zeitungen

    8. Schrift ist nur "äußerlich", die Sprache selber ist also von der Reform nicht betroffen.
    Auf den ersten Blick mag es tatsächlich so scheinen: Es bleibt doch alles beim alten, die Sprache ändert sich doch nicht, nur ein paar Wörter werden jetzt etwas anders geschrieben. Das ist bereits in der Sprachtheorie falsch: Sprache ist keineswegs dasselbe wie ihre Lautung, sondern ein strukturiertes System von Begriffen, die lautlich, gestisch und schriftlich zum Ausdruck gebracht werden können und werden. Eine bestimmte Schreibweise steht nicht etwa für eine bestimmte Aussprache (Lautung), sie steht vielmehr (ebenso wie eine bestimmte Lautung oder Geste) für einen bestimmten Begriff, für eine bestimmte Vorstellung eines konkreten oder abstrakten Gegenstandes. Wer die Aussprache oder Schreibweise oder gestische Darstellung eines Wortes ändert, ändert damit auch seine Bedeutung: zunächst in der Sprachtheorie und potentiell auch in der Praxis.
    Praktische Beispiele für Sprachveränderung sind bereits zahlreich nachgewiesen worden:
    Wortbedeutung: Die konventionelle Schreibung kennt für verschiedene Bedeutungen auch verschiedene Schreibungen. Beispiel: "wieder wählen" = 'noch einmal wählen', aber "wiederwählen" = 'durch Wahl bestätigen' (auch wenn es die erste Wahl ist) – es gibt Hunderte solcher Beispiele. Wenn die Amtsschreibung dort nur noch eine (hier die getrennte) Schreibung zuläßt, so wird diese entweder doppeldeutig, oder sie eliminiert die zweite Bedeutung, oder sie übernimmt die Bedeutung der zweiten früheren Schreibweise: "wieder wählen" z. B. soll jetzt dieselbe Bedeutung haben wie früher "wiederwählen", die getrennte Schreibung soll zusammen mit ihrer Bedeutung verschwinden. Im Klartext: Die Amtsschreibung vernichtet viele Wörter der deutschen Sprache.
    Wortwahl: Wenn Ausdrücke durch die amtliche Falschschreibung doppeldeutig werden, neigen Schreiber zu alternativer Wortwahl, um eine Fehlinterpretation zu vermeiden: Aus den "rechts stehenden Jugendlichen" werden dann, um sie nicht des Extremismus zu bezichtigen, schnell die "auf der rechten Seite stehenden" bzw. die Jugendlichen, die "auf der rechten Seite standen", und aus einer "wohl vertrauten" wird leicht eine "vermutlich vertraute" Umgebung.
    Wortstellung: Statt eines anderen Wortes kann auch eine geänderte Reihenfolge der Wörter Doppeldeutigkeit vermeiden: Das "allen wohl bekannte" Geheimnis gibt es bald nicht mehr, dafür aber das "wohl allen bekannte". Eine Katastrophe stellt diese alternative Formulierung sicherlich nicht dar, aber sie beweist, daß und wie durch eine künstliche Reform nicht die (Aus-)Sprache die Schrift bestimmt, sondern umgekehrt die Schrift die Sprache.
    Aussprache: Übereifrige Mitläufer unter den "Pädagogen" sprechen den Grundschülern in Wörtern wie behende, Stengel oder überschwenglich ein besonders breites [ä] vor, um ihnen die durchzusetzenden Schreibweisen "behände", "Stängel" oder "überschwänglich" zu erleichtern.
    Die unrichtige Behauptung, die Sprache bzw. ihre Bedeutung werde von Schreibreform nicht geändert, wird von höchsten Stellen verbreitet. Das Bundesministerium der Justiz teilte am 28. September 1999 (Geschäftszeichen IV B 1-6103/2-40220/99) dem Bundeskanzleramt, den Bundesministerien, dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat und dem Bundesrechnungshof folgendes mit; es kann nicht sein, was nicht sein darf – man beachte auch unter der Betreffzeile den Begriff der "Normsprache" (nicht "Normschreibung"!):
    Betr.: Einführung der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung
    hier: Normsprache
    Bezug: Rundschreiben des BMI vom 7. Juni 1999
    - O1-131 212-1/10-
    [...]
    Die Änderung der Schreibung eines Wortes stellt nur eine Anpassung an die geänderten Rechtschreibregeln dar, ohne eine Änderung der Wortbedeutung zur Folge zu haben. Daher sind rechtliche Konsequenzen durch die neue Schreibung nicht verbunden.
     
  10. SchwarzerLord

    SchwarzerLord Wasserfall

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    AW: Alte Rechtschreibung kehrt zurück in Zeitungen

    9. Die neue Schreibung ist besser / besser erlernbar, also übernehme ich sie.
    Die Reformer sind in der Öffentlichkeit vor allem mit dem Argument angetreten, unseren Kindern das Erlernen der deutschen Rechtschreibung erleichtern zu können, so daß sie weniger Fehler machen.
    Dieser Versuch mußte schon als gescheitert angesehen werden, bevor empirische Ergebnisse breit angelegter Untersuchungen und die Erfahrungen von Grundschullehrern vorlagen, da etliche der neuen Regeln und Bestimmungen die Probleme, die es zweifellos gibt, nicht lösen und aus der Welt schaffen. Ein gutes Beispiel ist das "dass": Dieses vermutlich auffälligste Merkmal der Reform verschiebt die Unsicherheit, wie schon erläutert, nur von dem Wortpaar "das – daß" zu "das – dass". Gewonnen wird dadurch nichts außer Verwirrung.
    Die leichte Erlernbarkeit der Rechtschreibung ist aus sprachwissenschaftlicher Sicht überhaupt nicht das entscheidende Kriterium ihrer Güte: Entscheidend für die Qualität sind in erster Linie die leichte Verständlichkeit der Schreibweise und zweitens ihre Konventionalität: Nur wenn Schreibung das Gedachte eindeutig zum Ausdruck bringt und wenn allen Mitgliedern einer Schriftgemeinschaft der Schriftgebrauch bekannt ist, ist Schreibung auch Rechtschreibung und kann ihren Zweck erfüllen.
    10. Jede und jeder kann jetzt endlich schreiben, wie er/sie will ...
    Das konnte jede und jeder auch bisher schon im privaten Tagebuch und überall sonst dort, wo man nur mit sich selber kommunizierte, wo Autor und Adressat identisch waren. Sprache ist allerdings in erster Linie ein Mittel der Kommunikation zwischen verschiedenen Menschen, die nur dann zuverlässig funktioniert, wenn sich diese Menschen an dieselbe Konvention halten. Die Vorstellung, alle könnten schreiben, wie sie wollten, sich aber dennoch problemlos verstehen, ist eine Illusion.
    11. Die Schrift muß einheitlich sein, also sollten sich alle anpassen.
    Das klingt immer gut, also "mußte" die Reform an Schulen durchgesetzt werden, damit unsere Kinder das lernen, was im offiziellen Schrifttum wie in der Presselandschaft bald üblich sein würde.

    Das "Argument" der Anpassung des Schulunterrichts an eine bestehende oder künftige (Schreib-) Norm ist besonders perfide, denn die Schreibreform soll ja gerade über den Schulunterricht durchgesetzt werden: Ohne die "Zwangsbekehrung" in den Schulen hat die Reform in der Bevölkerung langfristig keine Chance, und die Verlage und die Großindustrie sind überwiegend nur wegen der verordneten Schreibpraxis an den Schulen auf die Reform umgeschwenkt.
    Hinzu kommt, daß die hochgehaltene Einheitlichkeit selbst an den Schulen gar nicht möglich ist: Literarische Texte, Quellentexte und Zitate werden auch in Zukunft im Original gelesen ...
    Einheitlichkeit war für die Verlage und Redaktionen auch untereinander ein Argument für die Entscheidung im Oktober 1999, die Reform einzuführen: Man fühlte sich einander verpflichtet – wohl auch deshalb, weil eine größere Anzahl Abweichler, die an der konventionellen Schreibung festgehalten hätten, sich im harten Konkurrenzkampf einen Marktvorteil gesichert hätten. Ein typisches Beispiel für diesen "Korpsgeist" liefert die Argumentation der Greenpeace-Redaktion.
    12. Die getätigten Investitionen in die Neuschreibung dürfen nicht gefährdet werden.
    Im Reigen der Argumente, die eine Sachdebatte verhindern sollen, darf in heutiger Zeit der empörte Hinweis auf zu erwartende Millionenschäden speziell bei Schulbuchverlagen (s. o.) nicht fehlen, wenn die Investitionen in die angekündigte Reform umsonst gewesen wären: Die Reform mußte einfach gut sein, damit die Investitionen sich lohnen und solche Schäden nicht entstehen würden. Auch für den rechtspolitischen Sprecher der Grünen war dies schon vor Jahren, als die Reform gerade eingeführt wurde, das behauptete entscheidende Argument, und Beifall von interessierter Seite hat wohl nicht lange auf sich warten lassen. Der Sprecher wird ihn gebraucht haben ...
    Die Gerichte haben längst entschieden, daß Anpassungen an eine geänderte Schreibung allein unternehmerisches Risiko sind und nicht zu Lasten des Staates bzw. Steuerzahlers gehen dürfen.